BAD AACHEN 04-2018

8 | B AD A ACHEN 04/18 W enn Irit Tirtey einmal selbst größer feiern würde, dann nur in Couvens Salon, dem Ballsaal im Alten Kurhaus. Übrigens die erste Location, die von der Stadt zur Vermietung angeboten wurde. Und bis heute die beliebteste. Doch die Nummer eins hat Konkur- renz bekommen: Seit einem Jahr lädt das Depot an der Talstraße ein. Auch das ist ständig verfügbar. Dies sind Aachens Museen zwar nicht, aber Couven, Centre Charlemagne und weitere der insgesamt elf Orte sind nicht minder attraktiv. „Wir haben tolle Räume und bieten sie an, auch um Schwellenängste abzubauen”, sagt Tirtey. Ganz nebenbei spült die Idee seit 2006 Geld in die Kassen. Denn, da ist Irit Tirtey realistisch: „Kultur kann nie kostendeckend sein.” Sie muss es wissen, denn schließlich ist die wirtschaftliche Seite des Kulturbetriebs ihre Aufgabe. „Der finanzielle Rahmen ermöglicht Projekte und schafft Raum für Planungen in den Einrichtungen. Dass dabei manchmal auch die Grenzen des Machbaren sichtbar werden, liegt in der Natur der Sache”, weiß die Frau, die täglich zwischen Wünschen und Wirklichkeit vermitteln muss. Als Spielverderberin sieht sie sich dennoch nicht. Dazu ist sie selbst zu kulturbegeistert. „Ich bin mit Opern groß geworden”, erinnert sie sich an ihr sehr musikalisches Elternhaus. Dann allerdings verschlug es sie als Bundesbeamtin zum Zoll. Später übernahm die Diplom-Finanzwirtin die kaufmännische Geschäftsführung des neu gegründeten Kultur- betriebs der Stadt Aachen und brachte hier nicht nur die Locations ans Laufen. 62 Mitarbeiter hat ihre Abteilung heute, 245 der Gesamtbetrieb, den Olaf Müller leitet. Gemeinsam verfolgen sie die Idee, ein kulturelles Angebot zu schaffen, das Menschen anspricht. Dabei ist Irit Tirtey nicht nur ein Mix aus Populärem und Gewag- tem wichtig, sondern auch der Rahmen: „Museen müssen stärker als soziale Orte wahrgenommen und genutzt werden, um Besucher langfristig anzuziehen.” Wie einfach das sein kann, stellt Tirtey Inte- ressierten gerne vor: „Wir geben den Raum für vieles”, spannt sie den Bogen weit über das Alte Kurhaus hinaus, denn nicht nur ihr macht es riesige Freude, „Dinge möglich zu machen”. cf Kunst und Kommerz – passt das für Sie zusammen? In der gängigen Ausstellungspraxis ist das wohl unumgänglich. Außerdem steigen die Ansprüche des Publikums an Orte, Ausstellun- gen, mediale Vermittlungselemente, das Ambiente, die Aufenthalts- qualität, den Service, das Marketing und vieles mehr. Welche Rollen spielen die Vermietungen der städtischen Räume? Da die Häuser des Kulturbetriebs in der Hauptsache grundfinanziert sind, müssen für die meisten Projekte (wie Ausstellungen und Veran- staltungen) weitere Finanzmittel etwa über Förderanträge zusätzlich beschafft werden. Daher sind eigene Einnahmen des Kulturbetriebs auch aus Vermietungen eine willkommene und notwendige weitere Quelle. Des Weiteren dienen die Vermietungen auch als Marketing- mittel für die Häuser. Ich höre sehr oft, dass durch eine Anmietung Interesse geweckt wird und wir die Mieter als Besucher wiedersehen. Ein Jahr gibt es nun das Depot. Warum sollte jeder einmal an der Talstraße vorbeischauen? Ein tolles neues Gebäude ist entstanden mit einer spannenden Archi- tektur und einem Konzept einer gemeinschaftlichen Nutzung. Wir möchten, dass das Depot sich als offenes Haus darstellt, vor allem für die Bewohner des Viertels und der Stadt. Unser Traum wäre, dass man ungezwungen dort verweilt. Jeder Öcher sollte die besondere Atmosphäre kennenlernen. Hand aufs Herz, welches ist Ihr Lieblingsmuseum in Aachen? Mein Herz ist groß genug für alle! Wo sehen Sie die Kulturstadt Aachen in zehn Jahren? Mit Kultureinrichtungen, die sich neuem Publikum und veränderten Bedürfnissen öffnen. …und sich selbst? Auf einem Gnadenhof aktiv im Tierschutz. VORGESTELLT Foto: Andreas Steindl Die Vermittlerin Der tägliche Spagat zwischen Kultur und Kasse als Herausforderung FRAGE BOGEN Geburtsdatum: 29. 9. 1963 Geburtsort: Linnich Familienstand: glücklich und zufrieden Beruf: Kaufmännische Geschäftsführerin des Kultur- betriebs der Stadt Aachen Hobbys: Reisen, Katzen, Tierschutz, Natur Irit Tirtey

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