BAD AACHEN 07-2018

4 | B AD A ACHEN 07/18 STADTGESCHICHTE Von Sabine Mathieu O b der fröhliche Hengst die Kultur im Theater Aachen wirklich zum Wiehern findet? Gemutmaßt haben das zumindest schon mal einige Aachener Lokal- politiker während eines Wahlkampfes in den 1990er Jahren. Das Standbild von Bildhauer Gerhard Marcks (1889–1981), der auch Vater der Bremer Stadtmusikanten am Rathaus in Bremen ist, feiert in diesen Tagen Geburtstag am Theaterplatz. Ohne Reiter steht der mun- tere Hengst seit dem 2. Juli 1963 auf seinem Sockel und repräsentiert so schon seit 55 Jahren die Pferdestadt Aachen. Den Spitznamen erklärte Oberbürger- meister Hermann Heusch damals so: „Die Aachener sind ein fröh- liches Volk, und wenn sie sehen, was die Reiter ihnen bieten, empfinden sie das Gefühl der Entspannung und der Fröhlichkeit.“ Zuvor hatte ein Reiterstandbild mit Kaiser Wilhelm I. den Platz geschmückt. Es stand jedoch mittig vor dem Theater, in ein Rondell von Blumen eingebettet. Der alte Kaiser wurde 1901 aufgestellt und 1943 als Erzspende dem Schmelzofen übergeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten ihn viele Aachener nicht mehr an dieser prominenten Stelle haben. „Geblieben ist aber, was das Wesen unserer Stadt prägt, und das ist zum großen Teil die Liebe zum Pferd und zum Turnier“, entschied Heusch, ein neues Pferdedenkmal zu setzen. Gerhard Marcks, ein Auto- didakt aus Berlin, dessen Schaffen während der Nazi- Zeit zum Teil als entartet eingestuft war, gestaltete das Kunstwerk. Allerdings war der Transport des dann fertigen Hengstes etwas schwierig: Man musste ihm den Kopf abtrennen. Heute ist die Naht am Hals des stolzen Recken nicht mehr sichtbar und: das Ross aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Symbol (auch) für den CHIO Aachen „Das Herz der Aachener schlägt für das Pferd und mit den Reiter- freunden für den edlen Sport“, sagte Oberbürgermeister Heusch während der Enthüllungsfeier, zu der zahlreiche Reiterinnen und Reiter erschienen waren. Der damals 74-jährige Künstler war neben zahlreichen Schaulustigen auch in Aachen zugegen und wurde als „passionierter Reiter“ vorgestellt. Statt eines Symbols der Preußen- herrschaft zieht seitdem gewissermaßen auch ein bisschen der CHIO Aachen (s. S. 6/7 und 20) mitten in der Stadt die Blicke auf sich. Tierisch gut drauf: Gerhard Marcks‘ Standbild am Theaterplatz. Foto: Christoph Hartmann Happy Birthday, Hengst! Die Pferdeskulptur vor dem Theater Aachen feiert diesen Monat Geburtstag: Ihre Enthüllung ist 55 Jahre her. Seitdem hat das Ross viel gesehen und erlebt – und unzählige Blicke auf Aachen als Reiterstadt gezogen.

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