BAD AACHEN 10-2019

8 | B AD A ACHEN 10/19 K larheit ist für die koreanische Dirigentin Yura Yang (29) ein Lebensprinzip. Sie tritt sicher, freundlich und bestimmt auf: „Ich kann nicht alles, ich bin jung, ich weiß, dass die meisten Orchester- musiker mehr Erfahrung haben als ich, das respektiere ich.“ Die Oper Werther von Jules Massenet ist ihr Start am Theater Aachen. Die Frage der Autorität wird ihr häufig gestellt. „Ich denke, Autorität kommt von Wissen und Können. Was ich kann, ist, gut vorbereitet zu sein, ob ich Autorität habe oder nicht, liegt nicht in meinen Händen. Darüber denke ich gar nicht nach“, meint sie. In der Arbeit mit dem Orchester ist sie intensiv auf der Suche nach einem Gesamt- klang, den sie mit dem Werk verbindet. Das ist ihr Ziel. Thema Frauen im Dirigentenberuf? Für die Koreanerin kein Pro- blem, obwohl es erst wenige Dirigentinnen in leitenden Positionen gibt. Generell hat sie eher den Eindruck, dass es asiatische Künstler in Europa schwer haben. Als 18-jährige Abiturientin ging sie nach Deutschland, ohne Sprachkenntnisse. Kurz darauf wurde sie an der Musikhochschule Detmold angenommen, wo man ihr Talent erkannte. Ihre Eltern waren nicht begeistert von ihren Plänen. „Mein Vater ist Physiker, meine Mutter hat Wirtschaft gelehrt“, erzählt sie. „Sie meinten, ich hätte nicht genug Musiktalent.“ Schließlich konnte Yura Yang ihnen ein einziges Deutschland-Jahr abringen. Das Versprechen: Wenn es nicht klappt, kommt sie zurück und schlägt die Laufbahn in der Wirtschaft ein. Aber es klappte gut, obwohl sie gesteht: „Im Studium habe ich erst gelernt, was Oper ist.“ Inzwischen haben die stolzen Yangs sie am Dirigentenpult erlebt – zum Beispiel bei Die Zauberflöte und Don Giovanni . Werther ist jetzt für Yura Yang eine wichtige Erfahrung. „Den Roman habe ich schon als Jugendliche gelesen und nun erneut, das ist Gefühl und Leidenschaft pur. Und all diese Emotionen hört man in Massenets Komposition.“ sar Am Sonntag, 27. Oktober, 18 Uhr, findet die Premiere von Werther im Theater Aachen (s. auch S. 30) statt: www.theater-aachen.de . Sie haben als junges Mädchen in Korea ein Gymnasium besucht, bei dem das Tanzen und nicht das Dirigieren im Vordergrund stand. Sind das zwei Welten, die Sie gut verbinden können? Zwei komplett andere Dinge, aber alle sagen mir heute, dass mir das Tanzen gutgetan hat. Es hat die Körpersprache geschult. Ich denke, ich habe damit ein gutes Körpergefühl erhalten. Sie haben in kurzer Zeit sehr viel erreicht. Sind Sie fleißig? Vielleicht. Im Alter von 19 Jahren habe ich angefangen, das Dirigie- ren zu studieren. Das ist genau zehn Jahre her. Ich habe früh begon- nen zu arbeiten, mit 22 Jahren, und konnte dabei sehr viel lernen. Sie hatten also Gelegenheit, Praxiserfahrung zu bekommen? Ich war fast sechs Jahre lang in Gelsenkirchen, da hat mich nicht nur der Generalmusikdirektor unterstützt, sondern ganz besonders das Orchester. In Kiel war ich Assistentin von Georg Fritzsch, und auch da haben mich er und die Musiker sehr unterstützt. Dort durfte ich viele Werke dirigieren wie z. B. Die Frau ohne Schatten von Strauss. Wie kamen Sie nach Kiel? Nach einem Dirigierkurs des Deutschen Musikrates mit den Münch- ner Symphonikern und Georg Fritzsch hatten wir den Kontakt. Ich bin sehr gern nach Kiel gegangen. Neues Land, fordernder Beruf, neue Sprache. Wie schafft man das? Wenn Sie das so fragen, klingt das wirklich kompliziert. Ich glaube, ich habe mir einfach nicht so viele Gedanken gemacht. Ich war jung, hatte keine Angst, keine Ahnung und war sehr, sehr neugierig. Ist der Dirigentenberuf Ihr großer Traum? Ich wollte ausprobieren, ob es geht. Aus der Neugierde wurde die Erkenntnis, wie großartig es ist, zusammen mit anderen Menschen etwas zu erreichen. Wie ich mich fühle, spiegelt sich in den anderen. VORGESTELLT Fotos: Marie-Luise Manthei/medien.aachen.de/A. Herrmann FRAGE BOGEN Geburtsdatum: 18. 1. 1990 Geburtsort: Seoul Beruf: Dirigentin, 1. Kapellmeisterin des Sinfonieorchesters Aachen, stv. Generalmusikdirektorin Hobbys: Pool Billard, und Sportschießen möchte sie unbedingt noch lernen Yura Yang Aachens erste Dirigentin 1. Kapellmeisterin gibt ihr Debüt mit Werther am Theater Aachen

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