BAD AACHEN 10-2020

4 | B AD A ACHEN 10/20 STADTHISTORIE Der Wandel der Welt Die Ausstellung zur Krönung Karls V. 1520 in Aachen beleuchtet den Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit. Im Centre Charlemagne zeigt sich die Vielfalt der städtischen Sammlung. Von Sabine Mathieu A m 23. Oktober 1520 findet in Aachen ein echtes Großereignis für das ausgehende Mittelalter statt: Karl V. aus dem Hause Habsburg und unter dem Namen Carlos I. erster König von Spanien wird im Dom zum deutsch-römischen König und erwählten römischen Kaiser gekrönt. In Begleitung von angeblich 3000 Mann zieht er unter dem Jubel der Bevölkerung am 22. Oktober in Aachen ein. Diese pompöse Krönung steht im Mittelpunkt der Ausstellung Der gekaufte Kaiser – Die Krönung Karls V. und der Wandel der Welt. Sie wird am historischen Datum im Centre Charlemagne eröffnet. Professor Frank Pohle und seine Co-Kuratorin Dilara Uygun haben fast 300 Exponate zusammengetragen, um Karl, seine Krönung, ihre Begleitumstände und seine Zeit lebendig erfahrbar zu machen. „Ausgangspunkt ist natürlich die Krönung in Aachen. Sie ist zwar nicht die gezählt letzte Krönung hier, aber die letzte richtige , nach der sich der gekrönte König gleich schon als Kaiser fühlen darf“, erklärt Frank Pohle. Die tatsächlich letzte Krönung sollte die von Karls Bruder Ferdinand 1531 sein. „Unsere Ausstellung beleuchtet eine Zeit, in der ungeheuer viel passiert: Das muss man erst einmal sortiert kriegen“, sagt der Kurator. „Wenn jemand um 1480 geboren wird und um 1540 stirbt, dann liegt sein Tod in einer völlig verän- derten Welt. Sie wird schon durch die Entdeckung Amerikas sehr viel größer, es gibt einen Aufbruch in den Wissenschaften, mit der Refor- mation entstehen plurale Welt- anschauungen, wir haben die Ent- wicklung des Buchdrucks und neue Waffen. Es ist das Ende des Mittelalters. Karls Großvater Maximilian I. gilt als der letzte Ritter. Nur, was macht ein Ritter, den man mit einer Gewehrkugel vom Pferd holen kann?“ Karl der Größte ... Die verschiedenen Ausstellungsteile stellen Karl und die Umstände seiner Machtergreifung vor. Dazu hat Pohle fast die gesamte Dauer- ausstellung überbauen lassen. Zunächst werden Karls Kindheit, Jugend und Familie beleuchtet: „Hoffentlich kriegen wir den Familienüberblick hin. Das ist nicht einfach, weil diverse Namen öfter auftauchen. Wir möchten Elemente der Ausbildung visualisieren. Sie ist sehr traditionell, und er ist für eine Regierung, die in die Neuzeit hinein- führt, nicht wirklich gut vorbereitet. Wir schauen uns den Großvater Maximilian, ein Genie der Selbstdarstellung, näher an. Er gibt das dynastische Selbstbewusstsein an seinen Enkel Karl weiter und lässt sogar Romane über sein Leben schreiben. Es geht auch um die Ein- ordnung Karls. Nachdem es schon Carolus Magnus , also Karl den Großen, gibt, wird Karl V. gerne auch als Carolus Maximus , also Karl der Größte, bezeichnet.“ Auch die tragische Geschichte der Mutter Johanna, genannt die Wahnsinnige , wird angesprochen. Karl V. beherrscht, wie der Kurator erklärt, ein globales Imperium, „in dem die Sonne niemals untergeht“. Eine Mammutaufgabe, der er nie gerecht werden kann. Bis nach Südamerika muss er seinen Herrschaftsanspruch verteidigen. Unter seiner Regentschaft erreichen die Zerstörung der altamerikanischen Kulturen und die Ausbeutung der indigenen Völker durch die Konquistadoren einen Höhepunkt. Die Macht der Kaufleute Natürlich stehen hier die Geschäftsinteressen der Männer mit im Vordergrund, die die Krönung erst möglich gemacht haben: Jakob Fugger und der weniger bekannte Augsburger Geschäftsmann Bartholomäus Welser zahlen den Kurfürsten ein unglaublich hohes Wahlgeld für Karl. „Es ist zeitweise ein offenes Rennen mit Franz von Frankreich. Eine Kredit- vergabe an Karl hat aber den Vor- teil für die Kaufleute, Sicher- heiten im Bergbau zu erhal- ten“, sagt Frank Pohle. Der französische Mitbewerber Franz I. wird ausge- stochen und Karl am 28. Juni 1519 in Frankfurt gewählt. Die Krönung folgt dem Zeremoniell, das Cappa Leonis: Krönungsmantel von Karl V. Foto: Domkapitel Aachen/Anne Gold Porträt: Jakob Fugger auf einer Schweizerscheibe. Foto: Städtische Sammlung Foto: Christoph Hartmann

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