BAD AACHEN 12-2020

34 | B AD A ACHEN 12/20 SPENDEN Helfen als Hoffnungsfunke 175 Jahre gibt es den Orden der Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus bereits, die Franziska-Schervier- Stube steht seit genau 25 Jahren Menschen in Not offen. Gefeiert wird heute (nicht nur) mit einem Käsebrot. Von Sabine Rother O rdensgründerin Franziska Schervier hat es auf den Punkt gebracht: „Zuerst helfen, dann kommt alles andere!“ Nach dem Motto handeln die Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus, so der offizielle Name der Ordensgemeinschaft, bis heute. In Aachen nennt man sie Schervier-Schwestern . Pfingsten 1845 ist Gründungs- datum des Ordens. Damals hat die Fabrikantentochter Franziska Schervier (1819–1876) die Verelendung der Menschen in der Indus- triegesellschaft erkannt – und nicht weggeschaut. Suppenküchen, Pflege von Cholera-Kranken, Hilfe für Gefangene und zum Tode Verurteilte. „Sie hatte keine Angst“, erinnert Schwester Veronika, seit 41 Jahren im Orden und seit 15 Jahren Leiterin der Schervier-Stube , an die „Bahnbrecherin der modernen Caritas“. 175 Jahre Gemeinschaft – seit der Gründung hat sich einiges verändert, aber die existenzielle Not von Menschen ist geblieben, wie die Schwestern immer wieder feststellen. Die Butterbrote der Ordensfrauen sind ein Hoffnungsfunke für Wohnungslose, Einsame, Arme, Suchtkranke – Gründe gibt es viele. Wurden die Brote früher in der Tor- einfahrt verteilt, gibt es nun bereits seit 25 Jahren die Franziska-Schervier- Stube mit ihrem Frühstücksangebot. Eine Folge von Corona: Die Einrich- tung ist vorerst geschlossen. Essen wird weiter am Tor verteilt – mit Abstand. Für die Schervier-Schwestern ist Corona kein Grund, die Hilfe zu stoppen. „Waren es bisher täglich etwa 100 Menschen, die zu uns kamen, hat sich die Zahl in kurzer Zeit verdoppelt, wöchentlich geben wir rund 1500 Euro für Essen aus“, berichtet Schwester Veronika. In der Küche werden Berge von Brötchen vorbereitet, die hungrige Mägen beruhigen. Die Hilfesuchenden können zwischen Wurst, Käse, Marmelade und Schoko auswählen, dazu gibt es Obst, ein Getränk und etwas Süßes. Bei Bedarf werden auch Hygiene- produkte wie Duschgel oder Zahncreme ausgegeben. Gut gemeinte Sachspenden kann das Kloster im Moment nicht brauchen. „Wir haben keinen Platz, die Leute können nichts anprobieren“, gibt Schwester Veronika zu bedenken. Mit Spendengeldern lässt sich die Armenhilfe gezielter fördern. Jeder Euro zählt. Der adventliche Klostermarkt darf nicht stattfinden, aber Kloster-Produkte gibt es dennoch: An der Pforte können ab ersten Advent hausgemachte Marmelade und feine Weihnachts- plätzchen erworben werden. Die Sorten? Auf jeden Fall ist Spritz- gebäck dabei. Auch ein Konzert als Dankeschön für alle Spender muss ausfallen. Schwester Martha, Generaloberin, kann selbst das nicht von ihrer Zuversicht abbringen: „Wir hatten die Pandemie selbst im Haus. Auch unsere klösterlichen Vorfahren kannten Pandemien. Doch ob Pest oder Pocken, die Schwestern waren immer im Einsatz. Unsere Franziska im Himmel wird einen Weg finden, um den Spendern das zu vergelten, was sie Gutes tun.“ In der Gemeinschaft stark Die Bilanz der Schervier-Stube nach 25 Jahren ist dennoch depri- mierend: steigende Zahlen, zunehmend jüngere Menschen, mehr Betroffene mit psychischen Störungen. Schwester Veronika ist vor- sichtig, wenn sie sieht, dass ein Mensch sich verändert, verelendet. „Es könnte sein, dass ich ihn mit einer Frage abschrecke, dann kommt er nicht mehr und verliert noch unsere Unterstützung“, sagt sie. „Das muss ich dann auch aushalten.“ Angst und Einsamkeit spüren die Schwestern täglich bei ihren Gästen (mehr Männer als Frauen), unter denen viele alte Bürger sind – die Altersarmut ist eine Tatsache. Sie versuchen, den ganzen Menschen in den Blick zu nehmen, vermitteln zu anderen Hilfestellen, hören zu. Das 25-jährige Bestehen der Franziska-Schervier-Stube hat man dennoch nicht einfach vorübergehen lassen. Die Schwestern hatten eine Idee: „Wir haben bei einem Cateringunternehmen in Aachen, das sonst unsere Einrichtung unterstützt, belegte Brötchen mit Frikadellen oder auch Rührei bestellt. Eben das, was ein Catering so bietet“, lächelt Schwester Veronika. Wie hält man dennoch die tägliche Not aus? „Das ist nur in der Gemeinschaft möglich, da fühlen wir uns getragen“, versichert sie. Hinschauen – wie die Ordensgründerin. SPENDEN WILLKOMMEN Das Kloster der Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus an der Elisabethstraße 19 ist für seinen jährlichen Klostermarkt vor Weihnachten bekannt. Da dieser 2020 nicht stattfinden kann, werden im Advent montags bis samstags von 8 bis 18 Uhr an der Pforte hausgemachte Marmeladen und Weihnachtsplätz- chen für den guten Zweck verkauft. Wer die wichtige Arbeit der Schwestern darüber hinaus unter- stützen möchte, ist herzlich eingeladen zu spenden: Konto Franziska-Schervier-Stube , IBAN DE93 3706 0193 1008 2485 55, BIC: GENODED1PAX. www.schervier-orden.de Früher und heute: Essensausgabe anno dazumal (Foto, u.) und Schwester Veronika heute. Foto: Schervier-Orden Foto: A. Herrmann

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