BAD AACHEN 03-2022

8 | BAD AACHEN03/22 Der Name Ludwig und die Spielarten der Kunst haben Eva Birkenstock (43) bereits als Kind begleitet. Seit Oktober 2021 ist sie nun selbst mit dem verbunden, was Peter und Irene Ludwig als Sammler und Mäzene geschaffen haben. Aus dem kunstinteressierten Mädchen, das in Köln aufwuchs und im dortigen Museum Ludwig begeistert an Workshops teilnahm, wurde die neue Direktorin des Ludwig Forums für internationale Kunst in Aachen. Eva Birkenstock hat Kunstgeschichte, Ethnologie und spanische Romanistik studiert: Nach dem Start in Köln wollte sie rasch Neues erforschen, ihren Horizont erweitern. Berlin, Hamburg, New York, Bregenz – wiederholt traf sie auf den Namen Ludwig, sogar während ihres Studiums in Havanna. „Spätestens als ich in Kuba der Ludwig Stiftung begegnete, wurde mir klar, was für ein weitreichendes Unternehmen die Sammlung Ludwig ist“, erinnert sie sich. „Darauf können wir in Aachen sehr stolz sein. Das Ludwig Forum ist nicht nur Teil einer wirklich einzigartigen Museumsfamilie, sondern noch dazu ihr Mutterhaus.“ Der Drang, die eigene Perspektive zu bereichern, spiegelte sich in ihren Studienfächern wider. „Kunstproduktion ist ein Teil der allgemeinen gesellschaftlichen Produktion“, sagt sie. Kunst als Provokation? „Kunst betrifft alle Bereiche der Gesellschaft“, betont die Direktorin. „Sie kann Provokation sein, Kontemplation und vieles mehr. Für mich ist sie vor allem ein Denk- und Handlungsraum.“ Das Ludwig Forum als Ort hat sie gereizt. „Ein Museum als Forum zu denken, bietet für mich zahlreiche spannende Anknüpfungspunkte, auch an aktuelle Diskussionen um die Rolle und die Aufgaben von Museen. Da will ich ansetzen.“ Sie wünscht sich Kooperationen und ein spartenübergreifendes Programm, wobei Dreh- und Angelpunkt die herausragende Sammlung sein soll. In der ersten Ausstellung Ways of Attaching, die Eva Birkenstock für das Ludwig Forum kuratiert, stellt sie die amerikanische Künstlerin Rosemary Mayer (s. S. 6/7) vor – die erste Überblicksausstellung in Europa, ein internationales Kooperationsprojekt – das selbstverständlich auch eng mit dem Namen Ludwig verbunden ist. sar Wie kam es zur Entscheidung für das Ludwig Forum Aachen? Nach meiner Tätigkeit am Kunsthaus Bregenz, in New York bei Ludlow und am Kunstverein in Düsseldorf, war es für mich eine willkommene Herausforderung, mit einer so großartigen Sammlung zu arbeiten, um längerfristige Recherche- und Forschungsprojekte zu initiieren. Peter und Irene Ludwig haben schon in den 1950er und -60er Jahren in Osteuropa, Asien, Lateinamerika gesammelt, diese globale Perspektive war für meine Entscheidung ausschlaggebend. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig? Wir leben inmitten einer Pandemie, in einer Zeit geprägt von Klimakatastrophen und gesellschaftspolitischen Umbrüchen. Vor diesem Hintergrund sind für mich Museen wie das Ludwig Forum wichtige Verhandlungsorte. Doch auch sie sind gefordert, ihr Selbstverständnis zu hinterfragen und neu zu justieren: Bezogen auf die Sammlung bedeutet das etwa zu schauen, welche Positionen und Strömungen sind vertreten, welche nicht? Wo gibt es Auslassungen, wo wären Ergänzungen oder Kontextualisierungen wünschenswert? Ist das Haus als ehemalige Fabrik für Sie besonders interessant? Unbedingt! Das Haus, eine Bauhausarchitektur, war stets ein Ort der Produktion, das spürt man. Space, Garten, Ausstellungsräume, die Künstlerwohnungen: Alles bietet unendliche Nutzungsmöglichkeiten. Ihr Wunsch für die nächste Zukunft? Ich lerne die Sammlung, das Haus und alles, was dazu gehört, kennen und hoffe, nach und nach alle Baustellenbeheben zu können, um möglichst alle Bereiche des Ludwig Forums zu bespielen. Es gibt viel Gestaltungsraum, auch jenseits der Programmplanung. Darüber hinaus plane ich mit dem großartigen Team eine neue Sammlungspräsentation und einen Bestandskatalog; auch möchte ich die Residenzprogramme wieder einrichten, das Café neu beleben und die digitale Präsenz unserer Sammlung optimieren. Aber step by step… VORGESTELLT Foto: Ludwig Forum/A. Herrmann FRAGEBOGEN Geburtsdatum: 11. 4. 1978 Geburtsort: Siegen, aufgewachsen in Köln Familienstand: unverheiratet Beruf: Direktorin des Ludwig Forums für Internationale Kunst Aachen Hobbys: Yoga, Kochen, Freunde, Natur Eva Birkenstock Jenseits des Vertrauten Im Ludwig Forum sieht die neue Direktorin Potenzial – und Gründe stolz zu sein.

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