BAD AACHEN 01-2024

„ 01/24 BAD AACHEN | 17 KULTUR Eine virtuose Opernkomödie Ohnmachtsanfälle, Liebesverstrickungen und ein groteskes Hymnen-Medley. Wenn Komponist Gioachino Rossini Menschen aus acht Ländern an einem Ort versammelt, wird es turbulent – jetzt im Theater Aachen! Und nun in Aachen ein Werk, das wenig bekannt ist? „Zwischen den Personen passiert eine Menge, so ähnlich wie bei Leuten, die im Stau stehen und warten“, erzählt Dijkema. Als alle unerwartet zu Feierlichkeiten in Paris eingeladen werden, wird kurzerhand ein Festessen improvisiert und Hymnen aus der Heimat werden vorgetragen. Da gibt es Variationen zu Lob und Preis des Monarchen, amouröse Verwicklungen, Eifersucht und politische Anspielungen. Gleichfalls Profanes. Da gibt es einen spanischen Admiral, einen russischen General und eine polnische Marchesa, in die sich beide Herren verlieben. Ein englischer Oberst und ein franzöischer Kavalier schwärmen für Improvisationskünstlerin Corinna. „Sorgt bei anderen Rossini-Opern jeweils eine Dreiecksliebesgeschichte für Verwirrung, sind es hier gleich zwei davon“, verspricht Michiel Dijkema. Er hält Il viaggio a Reims für eine irrwitzige Komödie, bei der „jeder seine Verrücktheit“ auslebt. Sie markiert zudem Rossinis Wechsel nach Frankreich. „In Paris wollten alle Sängerinnen und Sänger Karriere machen, Rossini hatte die perfekte Auswahl“, sagt Michiel Dijkema. In Aachen gibt es zur Sicherheit deutsche Übertitel. www.theateraachen.de Von Sabine Rother Wenn man bei dieser Geschichte nichts versteht, dann hat man sie wirklich verstanden“, lächelt Michiel Dijkema (49), und man sieht dem Regisseur aus einem kleinen Ort nahe Amsterdam an, mit wie viel Freude er das Angebot des Aachener Theaters angenommen hat, dieses Werk von Gioachino Rossini, das keine übliche Opernhandlung hat und bei dessen Titel selbst Rossini-Fans häufig sagen: „Kenne ich nicht!“, für die Bühne zu inszenieren. So hat die Opera buffa Il viaggio a Reims (Die Reise nach Reims) am Samstag, 13. Januar, 19.30 Uhr, Premiere. Und ja – das hat damit zu tun, dass Reims und Aachen seit 1967 eine Städtepartnerschaft verbindet. Sogar eine Delegation aus Reims will die gut zweieinhalb Stunden (inklusive Pause) erleben, die Rossinis letzte Oper in italienischer Sprache dauert. Eine opulente Revue der Arien 1825 als festlicher Beitrag zur Königskrönung Karls X. uraufgeführt, waren für Paris lediglich drei Abende eingeplant – an einem davon hat tatsächlich der Gekrönte teilgenommen, denn schließlich hatte Rossini für ihn mit Blick auf politische und monarchische Themen komponiert. „Dem König war das zu lang“, weiß der Regisseur. „Er hat es dennoch gelobt und durchgehalten.“ Was passiert in dieser ungewöhnlichen Oper, die sich deutlich von den turbulent-unterhaltsamen Geschichten anderer Werke wie Der Türke in Italien oder La Cenerentola unterscheidet? Ganz einfach: Menschen aus acht Ländern sind an einem Ort versammelt und sitzen fest. Alle wollen nach Reims zur Krönung reisen und sich im Idealfall geschickt positionieren. Aber es gibt keine Pferde mehr für die Kutschen. Zwölf Hauptpersonen, zwölf großartige Stimmen, 18 Sängerinnen und Sänger und ein großer Chor auf der Bühne – eine opulente Revue der Arien, Duette und Ensembles, aber auch ein Zusammenspiel der unterschiedlichsten Charaktere und Nationen mit ihren Eigenheiten. Da braucht man Überblick und Erfahrung – die hat der Regisseur und Rossini-Kenner, der zunächst in Utrecht die Musikhochschule besuchte, um Pianist zu werden. Bei gelegentlichen Regiearbeiten mit einem jungen Theater entdeckte er seine Freude am Ganzen, an der Umsetzung von Inszenierungen wie William Shakespeares King Lear oder Johann Wolfgang Goethes Faust I und Faust II, inklusive Bühnenbild. Bald war ihm klar, dass er das Klavier weiterhin lieben, aber das Handwerk des Regisseurs als Beruf ausüben wollte. Fünf Jahre Studium in Berlin zeigten ihm, dass es sein Weg ist. Regisseur: Michiel Dijkema. Foto: András Dijkema

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