CHIO Aachen 2018

12 | B AD A ACHEN CHIO 2018 PARTNERLAND Himmelspferd &Ambitionen W as dem Deutschen sein Einhorn, ist dem Chinesen sein Himmelspferd. Auch in der fernöstlichen Mythologie tauchen Fabelwesen auf, die mit Pferden verwandt sind. Die haben statt eines magischen Horns besonders lange Beine, die ihnen ein über- irdisches Tempo verleihen. Tianma heißen diese Rösser, was sich mit Himmelspferd übersetzen lässt, und sie gelten als Glücksbringer. Im Gegensatz zu Einhörnern, von denen kein lebendes Exemplar nach- gewiesen werden konnte, haben die himmlischen Vierbeiner in China ein Pendant aus Fleisch und Blut: In den nordwestlichen Steppen lebende Pferde zeichneten sich von jeher durch ihre langen Beine aus und waren bis in die Kaiserzeit hinein ein beliebter Tribut. Wie aber ist es heute um das Verhältnis von Chinesen zu Pferden bestellt? In ländlichen Gegenden gehören sie nach wie vor zu den Nutztieren, klar. Die älteste Hose der Welt, die 2014 ihrem Alter ent- sprechend intakt in einem westchinesischen Grab gefunden wurde, ist vor rund 3200 Jahren für einen Reiter gefertigt worden. Während in Bergregionen im Westen noch echte Wildpferde – die Takhi – leben, kommt der moderne Reitsport auf höchstem Niveau allmäh- lich in der knapp 1,4 Milliarden Einwohner starken Volksrepublik an. Vor allem Pferderennen haben in China eine lange Tradition, wurden aber mit der Machtübernahme der Kommunistischen Partei 1949 verboten. Seit aber in den 1990er Jahren die Bestimmungen gelockert wurden, erlebt der Galoppsport einen Aufschwung. Auch die olympischen Pferdesportarten – Springen, Dressur, Vielseitigkeit – nehmen in Fernost ebenfalls Fahrt auf. Daran beteiligen sich Europas Größen im Sattel gern. Ludger Beerbaum engagiert sich stark, um seine Disziplin in China voranzubringen, hat daheim in Riesenbeck sogar des Öfteren auch talentierte Springreiter unter seinen Fittichen. In einem Interview beschrieb er den Entwicklungsstand in deren Heimat 2017 so: „Europa hat 100 Jahre Pferdesport-Geschichte, China vielleicht zehn.“ Doch er sagte ebenso, in dieser Zeit habe sich „viel ent- wickelt, im Vergleich zum Rest der Welt wahrscheinlich auch um einiges schneller“. Da kommt offenbar der Chinesen himmlische Vorliebe für Tempo wieder ins Spiel: In extrem kurzer Zeit habe sich Reit- als Leistungssport verbreitet, Ställe seien im ganzen Land entstanden. Das Geld ist ja da; im weltweiten Millionärs-Ranking von Bloomberg tauchen immer mehr Chinesen in den Top 50 auf. Beerbaums Mission China Ludger Beerbaum hat die Beijing Masters (s. Kasten S. 13) mit ini- tiiert, die im Vorjahr in die siebte Runde gingen und von der Premiere an federführend von CHIO-Veranstalter ALRV mitorganisiert werden. Ebenfalls in Peking ansässig ist eine Reitsportakademie, die unter anderem Talente wie den jetzt 20-jährigen Li Yaofeng fördert, der schon 2014 bei den Olympischen Jugendspielen auf sich aufmerk- sam machte und im Einzel Platz sieben erreichte. Beerbaum erklärte gegenüber der Reiter Revue , bei der Förderung gehe es darum, „die gesamte Palette des Reitsports zu bündeln und Wissen von Europa nach China zu transferieren. Das erreichen wir einerseits, indem wir europäische Experten zum Standort in Peking schicken, zum Beispiel Hufschmiede oder Tierärzte. Andererseits laden wir junge Chinesen nach Deutschland zum Standort Riesenbeck ein, damit die Reiter Turniererfahrung sammeln können und die Pfleger lernen, wie man Pferde richtig versorgt.“ Wer das zweifelsohne schon bestens beherrscht, ist der Vielseitig- keitsreiter Alex Hua Tian (28). Er ist der einzige Chinese, der in seiner Disziplin internationale Turniere reitet, erreichte vor zehn Jahren Foto: fva China

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