Jahresbericht 2016
26 JAHRESBERICHT 2016 Vorfälligkeitsentschädigung – Diskussion um die Transparenz der Berechnung Das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) haben im Frühjahr 2016 eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Thema „Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung“ eingesetzt. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, möglichen Hand- lungsbedarf hinsichtlich der Transparenz der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu identifizieren und ggf. Empfehlungen zur Verbesserung der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen auszusprechen. An den Beratungen nehmen neben Vertretern beider Ministerien, der BaFin und der Bundesbank Experten aus den Bereichen Rechtspre- chung, Rechts- und Finanzwissenschaft, Verbraucherschutz sowie der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände teil. Bei den Beratungen wurde u. a. deutlich, dass bei sämtli- chen Berechnungsmethoden (einschließlich der in der Kre- ditwirtschaft überwiegend angewendeten Aktiv-Passiv- Methode) Parameter verwendet werden, die nicht allge- mein bekannt sind, so dass sowohl die Einheitlichkeit der Berechnung als auch deren Überprüfbarkeit eingeschränkt sind. In diesem Zusammenhang wurde diskutiert, ob eine erhöhe Transparenz bzw. Überprüfbarkeit durch Pauschalie- rung einzelner Parameter, durch die Verwendung alternati- ver Berechnungsmethoden oder die Einführung einer Ober- grenze die Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobiliar-Ver- braucherdarlehensverträgen erreicht werden kann. Aus Sicht der Kreditwirtschaft stand im Rahmen dieser Diskussi- on im Vordergrund, dass die Vorfälligkeitsentschädigung eine wesentliche Grundlage für die Erhaltung der insbeson- dere in Deutschland gebräuchlichen langfristigen Festzins- darlehen darstellt, die ihrerseits nicht nur eine unerlässliche Voraussetzung für von den Darlehensnehmern langfristig tragbareWohnungsbaukredite, sondern für die Finanzstabi- lität insgesamt sind. Vor diesem Hintergrund sehen die Bausparkassenverbände zusammen mit den übrigen kredit- wirtschaftlichen Spitzenverbänden keine Notwendigkeit für Änderungen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädi- gung, zumal diese auf der Grundlage einschlägiger BGH- Rechtsprechung erfolgt. Die endgültige Fassung des derzeit in Vorbereitung befindlichen Abschlussberichts der Arbeits- gruppe wird für Mitte 2017 erwartet. Aktuelle Rechtsprechung zu Bausparkassenfragen Im Berichtsjahr waren insbesondere folgende, für die Bau- sparbranche wichtige Themen Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen: Darlehensgebühr: Mit Urteil vom 8. November 2016 hat der BGH entschieden, dass eine Regelung in den Allge- meinen Bausparbedingungen (ABB), die bei Auszahlung des Darlehens die Erhebung einer Darlehensgebühr in Höhe von 2 Prozent der Darlehenssumme vorsieht, unwirksam ist. Mit dieser Entscheidung hat der BGH seine Rechtsprechung zu Bankenentgelten bzw. -gebüh- ren weiterentwickelt und in diesem Zusammenhang ins- besondere verneint, dass Besonderheiten des Bauspar- vertrages auch in der Darlehensphase zu berücksichtigen sind. Die ab 1999 eingeführte Tarifgeneration der Institu- te der LBS-Gruppe ist von diesem Urteil nicht betroffen, da hier anstelle einer solchen Darlehensgebühr ein mit der aktuellen Gebührenrechtsprechung des BGH verein- bartes Agio vorgesehen ist. Praktische Auswirkungen auf frühere Tarifgenerationen dürften sich – soweit aus die- sen überhaupt noch Darlehen beantragt werden – eben- falls nicht ergeben, da mit Blick auf die aktuelle BGH- Rechtsprechung schon seit längerem keine Darlehensge- bühren mehr berechnet wurden. Kündigung von Fortsetzerverträgen: Während die Kündi- gung von Bausparverträgen, bei denen Einzahlungen über die vereinbarte Bausparsumme hinaus erfolgten (übersparte Verträge), von den Gerichten früh als unpro- blematisch angesehen wurde, war lange umstritten, ob die Bausparkassen sogenannte Fortsetzerverträge, d. h. Verträge, in denen das Bauspardarlehen auch mehr als 10 Jahre nach Erreichung der Zuteilungsreife nicht abgeru- fen wurde, nach § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB kündigen können. Diese Frage hat die Gerichte im Berichtsjahr intensiv beschäftigt. So gab es bis Ende 2016 rund 2.000 Gerichts- verfahren gegen die Bausparkassen, von denen allerdings über 90 Prozent zu deren Gunsten entschieden wurden. In den mehr als 100 Berufungsverfahren entschieden nur
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