Jahresbericht 2020

34 JAHRESBERICHT 2020 VI. Recht Aktuelle Rechtsverfahren bei Bausparkassen Auch im Berichtsjahr haben verschiedene Verbraucherorga- nisationen ihre gegen die Entgeltklauseln einer Reihe von Bausparkassen gerichteten Verbandsklageverfahren fortge- führt. Obwohl sich diese Verfahren derzeit imWesentlichen gegen private Bausparkassen richten, sind wegen der Ähn- lichkeit der in der Branche verwendeten Klauseln Auswir- kungen auf weitere Institute einschließlich der Landesbau- sparkassen nicht ausgeschlossen. Das derzeit für die Branche bedeutendste Verfahren betrifft die Zulässigkeit der von einer privaten Bausparkasse zum 1. Januar 2017 nachträglich in einigen Bestandstarifen ein- geführten jährlichen „Servicepauschale“ von 12 bzw. 24 Euro für die Kollektivverwaltung und -steuerung in der Sparphase. Hier hatten die klagenden Verbraucherorganisa- tionen nicht nur die Zulässigkeit der Klausel selbst, sondern auch die Wirksamkeit ihrer Einführung aufgrund der in den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) enthaltenen Fikti- onsklausel angegriffen. Danach sind von der Bausparkasse angekündigte ABB-Änderungen wirksam, falls der Bauspa- rer nicht binnen einer bestimmten Frist ausdrücklich wider- spricht. Sowohl erstinstanzlich (LG Koblenz) als auch in der Berufungsinstanz (OLG Koblenz) haben die klagenden Ver- bände obsiegt. Die Begründung beider Instanzgerichte deckt sich dabei im Wesentlichen mit der Argumentation des LG Hannover und des OLG Celle in einem ähnlichen – gegen eine Landesbausparkasse gerichteten – Verfahren aus dem Jahr 2018. Danach ist die Berechnung eines Ent- gelts für die Kollektivsteuerung und -verwaltung in der Sparphase unzulässig, da es sich bei diesen Tätigkeiten lediglich um Vorleistungen für die von der Bausparkasse als Hauptleistung geschuldete Verschaffung der Anwartschaft auf das Bauspardarlehen handelt. Zur Erbringung dieser Vorleistungen sei die Bausparkasse aber gesetzlich ver- pflichtet, sodass die Abwälzung dieser Verwaltungskosten der Bausparkasse auf die Bausparer diese im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen benachteilige. Gegen das Urteil des OLG Koblenz hat die betroffene Bausparkasse inzwischen Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Ob das Revisionsverfahren vor dem Hintergrund des am 27. April 2021 ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit der von der Postbank verwendeten AGB- Änderungsklausel (Fiktionsklausel), die in ähnlicher Form auch von der betroffenen Bausparkasse verwendet wird, fortgeführt wird, ist derzeit offen. In zwei weiteren gegen private Bausparkassen gerichteten Unterlassungsklageverfahren des Verbraucherzentrale Bun- desverbandes (vzbv) geht es um die Wirksamkeit von ABB- Klauseln in älteren Bestandstarifen zur Erhebung eines Jahresentgelts bzw. von Kontogebühren in der Sparphase. Zur Begründung beruft sich der vzbv auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung zu Kontoentgelten sowie auf die oben erwähnten Entscheidungen des OLG Celle und des OLG Kob- lenz zu nachträglich eingeführten Entgeltklauseln. In dem das Jahresentgelt betreffenden Verfahren hat sich das LG Hannover mit Urteil vom 29. Januar 2021 der Rechtsauffas- sung des vzbv angeschlossen und dabei auch auf eine gegen eine private Bausparkasse im Jahr 2017 ergangene BGH-Entscheidung zur Unzulässigkeit einer „Kontogebühr“ in der Darlehensphase Bezug genommen, ohne allerdings auf die inhaltlichen Unterschiede beider Klauseln einzuge- hen. Die betroffene Bausparkasse hat inzwischen Berufung eingelegt. Das Verfahren ist jedoch bis zu einer Entschei- dung des BGH im Revisionsverfahren über die nachträglich eingeführte „Servicepauschale“ ausgesetzt. In dem beim LG Hamburg anhängigen Verfahren zur Zulässigkeit eines in der Sparphase erhobenen Entgelts für die „bauspartechni- sche Verwaltung, die Kollektivsteuerung, den Versand der Kontoauszüge sowie die Führung einer Zuteilungsmasse“ liegt bisher keine Entscheidung vor, da das Gericht auch in diesem Verfahren die Entscheidung des BGH zur „Service- pauschale“ abwarten will. Bei den Landesbausparkassen waren im Berichtsjahr nur vereinzelt Verbandsklageverfahren zu verzeichnen, die überwiegend institutsspezifische Besonderheiten betrafen wie etwa eine ABB-Klausel zur Berechnung von Bereithal- tungszinsen nach Zuteilung. Bausparkassenrelevante Gesetzgebungsvorhaben Im Jahr 2020 hat die Bundesregierung eine Reihe weiterer Gesetzgebungsvorhaben auf den Weg gebracht, die nicht

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