BAD AACHEN 02-2021

4 | B AD A ACHEN 02/21 KARNEVAL HISTORISCH Kulturerbe Karneval Von Sabine Mathieu D er Februar steht Jahr für Jahr im Zeichen des Karnevals. Die bunte, ausgelassene Narretei mit ihren zahllosen Veranstal- tungen bringt zum Ende des Winters mit Lachen und Frohsinn et Öcher Hazz zum Schlagen und beschert den Lachmuskeln einen Kater. In diesem Jahr leider in Stille. „Et is für ze kriesche“, mag so mancher Jeck sich denken. „Ich geh‘ trotzdem als Pirat“, verkündet unverdrossen der vierjährige Anton. Es sei ihm gegönnt. Brite mit Humor im Amt Dabei gab es im Karneval nicht immer etwas zu lachen. Selbst der in diesem Jahr nicht verliehene Orden wider den Tierischen Ernst hat einen bedauerlichen Hintergrund. Es geht, wie in der Aachener Geschichte des Öfteren, um eine Kneipenschlägerei. Mit den typisch rheinischen Worten: „Isch schlach‘ disch kapott!“, schickte ein gerade aus der Gefangenschaft entlassener Soldat aus Stolberg einen belgischen Sergeanten auf die Dielenbretter einer Öcher Kneipe. Das war 1949 im besetzten Deutschland eine durchaus ernste Sache und landete vor dem Militärgericht der britischen Besatzungsmacht. Der Soldat ging für zwei Monate ins Gefängnis. Doch ihm kam der britische Humor zu Hilfe: Am 7. Februar stand in der damaligen Aachener Volkszeitung eine kurze Notiz, dass die Entlassung des verurteilten Mannes vom 20. Februar auf den 18. Februar vorverlegt worden sei, damit dieser „die höchsten Feiertage im Rheinland“ nicht hinter Gittern verbringen müsse. Tatsächlich hatte diese unge- wöhnliche Amnestie der damalige britische Militärstaatsanwalt, James Arthur Dugdale, beantragt. Er hatte die Kneipenkeilerei sogar als Schlägerei unter Kameraden neu bewer- tet, um die frühere Entlassung des Mannes möglich zu machen. Diesem Antrag war das Gericht gefolgt. Der damalige Elferrat des Aachener Karnevalsvereins (AKV) verlieh Dugdale den Sessionsorden 1950 für seine Geste von Humor und Menschlichkeit im Amt. Die Tatsache, dass er mit dem Delinquenten Mitleid gezeigt hatte, beeindruckte die Aachener zutiefst. Aus der Ordensverleihung , die damals noch in Dugdales Aachener Wohnung stattfand, wurde im Laufe der Jahrzehnte ein Aushängeschild für den Öcher Fasteleer und James Arthur Dugdale zum ersten Ordensritter wider den Tierischen Ernst . Als solchen hat ihn der AKV stets zu den Sitzungen eingeladen. Eines Tages jedoch kam keine Antwort mehr. Ritter Dugdale war über viele Jahre verschwunden. Bis er sich 1998 schließlich ganz modern per E-Mail beim AKV meldete. Er nahm bis zu seinem Tod noch einige Male an den Festsitzungen teil. James Arthur Dugdale starb 2011 im Alter von fast 95 Jahren. Die designierte Ordensritterin des Jahres 2021, Schauspielerin Iris Berben, darf wegen des coronabedingten Ausfalls der Verleihung noch ein Jahr länger an ihrer Rede im Narrenkäfig feilen. Einen weniger glimpflichen Ausgang hatte ehedem eine Kneipen- schlägerei in der Sandkaulstraße am Rosenmontag des Jahres 1760 zwischen Aachener Bürgern und französischen Legionären. Ein Öcher Fassbinder namens Circomfall zog dabei einem Franzosen sein schweres Werkzeug über den Schädel. Der Legionär verlor das Gespenstig: Kinderzug in Aachen 1938 kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Archiv Erster AKV-Ritter: James Arthur Dougdale. Foto: Archiv Gar nicht immer lustig ging es in der Geschichte des Öcher Fastelovvends zu – oft eher gruselig. Dabei liegen die Ursprünge des Brauchtums im Protest gegen alles Militärische . B AD A ACHEN blickt schunkelnd zurück.

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