BAD AACHEN 01-2022

12 | B AD A ACHEN 01/22 Münsterplatz 7-9 · 52062 Aachen · Tel. 0241-3 13 69 Lesen ist Abenteuer im Kopf. Und weil jeder Kopf anders ist, beraten wir Sie individuell! Buchhandlung Schmetz am Dom SEIT 70 JAHREN FEIN · KOMPETENT · PERSÖNLICH www.buchhandlung-schmetz.de KULTUR Die Macht der Sprache Kaspar Hauser: ewige Rätselfigur, Mythos und Symbol für die Verstoßenen und Verbannten. Im Theater Aachen nimmt sich Regisseur Christian von Treskow des berühmten Stoffes an. Von Sabine Rother N icht Regisseur oder Theater haben das Werk bestimmt. Mit Kaspar von Peter Handke, uraufgeführt 1968, hat sozusagen das Stück ganz allein seine Bühne – in diesem Fall die Kammerspiele des Theaters Aachen – gefunden: So sieht es jedenfalls Regisseur Christian von Treskow, der es übernommen hat, den berühmten Stoff um Kaspar Hauser und Handkes Gedanken dazu für das Publi- kum umzusetzen. Premiere ist am Freitag, 7. Januar. Zur Erinnerung: Der historische Kaspar Hauser tauchte 1828 mit einem Zettel in der Hand in Nürnberg auf und konnte kaum sprechen, da er offensichtlich in Isolation aufgewachsen war – ein Geheimnis bis heute. „Nach dem erzwungenen Schweigen auf- grund der Coronapandemie, in der wir nicht arbeiten, uns nicht aus- tauschen, nicht reden und uns nicht treffen konnten, kam ich mir vor wie ein solcher Kaspar Hauser“, gesteht von Treskow. „Mir fielen sogar Reden und Denken schwerer.“ Da das Werk für die geplante Produktion noch nicht ausgewählt war, wurde die Entscheidung leicht. „Das Stück kam zu mir“, sagt er. Die Theaterleitung sagte Ja. Attacke auf Adenauerzeit Handke zeigt seinen Kaspar umgeben von Einsagern , die ihm die Sprache rücksichtslos aufzwingen, eintrichtern – und ihn so mit gesellschaftlichen Normen impfen, Drill und Sprachgewalt am lebendigen Beispiel ausüben. Mit Leidenschaft hat sich der Regisseur Themen gewidmet, die in der Philosophie schon seit Beginn des Denkens eine Rolle spielen. „Sage, was du denkst – denke, was du sagst“ – das weckt neue Fragen. Etwa: Manipuliert Sprache das Bewusstsein? Wird erst durch das Aussprechen einer Bezeichnung der Gegenstand real? „Mensch und Gesellschaft lassen sich durch Sprache verändern“, hat von Treskow erkannt. Seine Inszenierung ist nicht etwa die Lösung aller Irritationen rund um das Thema, die er dem Publikum präsentiert, im Gegenteil. Niemand kann sich einfach entspannt zurücklehnen. „Wer glaubt, er erfährt durch mich, wie es wirklich ist, den führen Handke und ich mit unterschiedlichsten Wendungen immer wieder aufs Glatteis“, verspricht er. Stattdessen rät von Treskow dazu, sich den Rhythmen einer Sprache zu widmen, die wie ein moderner Rap aufklingt, funkelt und nicht unbedingt fragt: Was will uns der Autor damit sagen…? „Es ist ein Code, der keine Enigma-Dechiffriermaschine will“, versichert der Regisseur. Im Werk Handkes, der als widerborstiger Autor, Jahrgang 1942, bekannt ist, spürt er die „Attacke auf die DNA der Adenauer-Zeit“ mit ihren skurrilen Benimm-Büchern einer Erica Pappritz, die man heute nur staunend lesen kann. Das Publikum darf gespannt sein auf ein besonderes Theater- ereignis, das zum Nachdenken über die Macht der Sprache anregt. Spielt den Kaspar: Tim Knapper Foto: Marie-Luise Manthei JAHRESAUFTAKT IM THEATER Das Stück Kaspar von Peter Handke feiert in der Inszenierung von Christian von Treskow am Freitag, 7. Januar, um 20 Uhr Premiere in der Kammer des Theaters Aachen. Karten sind telefonisch unter 02 41/47 48-244 sowie online zu erwerben. Gleiches gilt für die Tickets zur zweiten Premiere im Januar: William Shakespeares Ein Sommernachtstraum (siehe dazu auch S. 21). www.theateraachen.de

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