BAD AACHEN 08-2022

16 | BAD AACHEN08/22 JUBILÄUM 400 Jahre Einsatz für Arme Die Aachener Elisabethinnen möchten Lebensfülle von Gott her erfahren und weiter schenken. Jetzt blickt die Ordensgemeinschaft auf ihre Gründung am 13. August 1622 zurück. Von Sabine Mathieu Vor 400 Jahren, am 13. August 1622, berief der Magistrat der Stadt Aachen Apollonia Radermecher zur Gasthausmeisterin. Sie sollte das heruntergekommene Gasthaus St. Elisabeth am Radermarkt – heute Münsterplatz – reformieren. Apollonia war im Aachener Rathaus geboren worden. Dort versah ihr Vater, Peter Radermecher, den höchst ehrenhaften Posten des Türwächters. Im Alter von 40 Jahren hatte Apollonia ihre Heimatstadt verlassen und war nach ‘s-Hertogenbosch gezogen, wo sie in der Krankenpflege tätig wurde. Wohl deshalb rief man sie elf Jahre später nach Aachen zurück, um Gasthausmeisterin zu werden und die Krankenpflege neu zu organisieren. Ihr Start hätte kaum schlechter sein können, denn in Aachen grassierte die Pest. Apollonia und ihre damals noch wenigen Mitstreiterinnen standen vor einer kaum zu bewältigenden Herausforderung, zumal sie zum Teil selbst Opfer der Seuche wurden. 1626 gründeten die rührigen Frauen die Gemeinschaft der Hospitalschwestern der Hl. Elisabeth – nach Elisabeth von Thüringen. Sie nahmen die Ordensregeln des Hl. Franziskus an. Die heutige Generaloberin, Schwester M. Marianne Liebl, betont: „Mutter Apollonia erkannte die Not ihrer Zeit und stellte sich ihrem Auftrag. Sie diente Gott in den Armseligen und Kranken mit dem Einsatz ihres Lebens. Viele Frauen folgten ihrem Beispiel, setzten neue, den Herausforderungen der Zeit entsprechende Pfeiler im Laufe der Geschichte.“ Schnell waren die Schwestern als Jaastes Söstere stadtweit bekannt. Apollonia konnte ihr Werk nicht lange begleiten. Am 31. Dezember 1626 starb sie nach einer kurzen schweren Erkrankung. Sie wurde nur 55 Jahre alt. Seit den 1950erJahren ruhen ihre sterblichen Überreste in der Krypta des heutigen Mutterhauses am Preusweg. Von Aachen bis Alaska vertreten Erfolgreich siedelten sich die Schwestern auch in Luxemburg an. Später gründeten sie Gemeinschaften unter anderem in Österreich und Osteuropa sowie in den USA, Kanada, Alaska und im Kongo. Aktuell gibt es 290 Elisabethinnen weltweit, 19 leben in Aachen. 1904 zogen die Schwestern wegen des Neubaus der damaligen Stadtsparkasse vom Münsterplatz in die Pontstraße um. Auch dort wirkten sie seelsorgerisch und in der Pflege am Maria-Hilf-Hospital an der heutigen Monheimsallee, später dann an der Goethestraße im Vorgängerkrankenhaus des heutigen Klinikums. 1937 bekamen sie ein Grundstück, damals außerhalb der Stadt, am Preusweg. Dort entstand das heutige Mutterhaus. Die Goethestraße konnten die Schwestern fußläufig erreichen. Eine Schwester mit Führerschein gab es erstmalig 1965. Die Freude am neuen Kloster währte nicht lange, denn schon 1941 wurden die Elisabethinnen vertrieben. Das Kloster besetzten die Waffen-SS und die Gestapo, die Kirche wurde zum Schießstand. Nach dem Krieg begannen die Schwestern mit dem Wiederaufbau des Klosters, während sie zusätzlich zahlreiche obdachlose Menschen – alles Opfer des Krieges – beherbergten und versorgten. Wie die Hl. Elisabeth und Mutter Apollonia wurde die Gottesmutter Maria zur dritten Leitfigur der Schwestern. Deshalb führt heute jede Aachener Elisabethin ein M. im Namen. Neue Wege im Kloster beschreiten Wie viele andere tätige Ordensgemeinschaften haben auch die Elisabethinnen ein Nachwuchsproblem. „Es ist nicht mehr die große Schar Schwestern, die da unterwegs ist. Kirche, Glaube und Gesellschaft haben sich verändert. Wir möchten einen neuen, verlässlichen Pfeiler setzen, an dem sich Menschen dauerhaft orientieren können“, sagt Schwester Marianne. Ihre Mitschwestern sind inzwischen fast alle im Rentenalter. Deshalb konzentrieren sich die Aktivitäten der Gemeinschaft rund um die Generaloberin und Vikarin Schwester M. Johanna Koch vor allem auf deren Versorgung. Mit Plönns Jaastes – Apollonias Gaststube – öffnet das Kloster werktäglich die Türen für Obdachlose und Bedürftige. „Im Plönns Jaastes sollen die Gäste Ruhe und Annahme finden“, erklärt Schwester Johanna. Liebe und Barmherzigkeit sehen die Schwestern als ihren Auftrag in allem, was sie tun. Gerne führen die Schwestern interessierte Gruppen durch ihr Kloster und machen sie mit ihrer Lebensform bekannt. Der Festtag am Samstag, 13. August, beginnt um 10 Uhr mit einem öffentlichen Hochamt im Aachener Dom. Anschließend haben die Elisabethinnen Gäste aus aller Welt ins Quadrum eingeladen. Am Sonntag, 14. August, findet um 15.30 Uhr im Elisabethkloster am Preusweg 2 ein Konzert mit Lesung aus einer Romanbiografie über Mutter Apollonia statt. Schwester Marianne ist voller Vorfreude: „Es erscheint mir wie ein Wunder, wir, die Schwestern der heiligen Elisabeth, feiern 400. Geburtstag!“ Da gratuliert BAD AACHEN doch gern zum Jubiläum. Eine Chronik ist ab Mitte August erhältlich. www.elisabethinnen.de Mutter Apollonia und ihre Nachfolgerinnen heute vor dem Kloster und unterwegs in Aachen. Das historische Bild (2. v. r.) zeigt das Gasthaus von 1622 am Münsterplatz. Fotos: Orden

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