BAD AACHEN 02-2023

4 | BAD AACHEN 02/23 KARNEVAL Von Caroline Fister-Hartmann DIE RITTERIN Annalena Charlotte Alma Baerbock, am 15. Dezember 1980 in Hannover geboren, aufgewachsen in einem „Hippiehaushalt“ auf dem Land, Leistungssportlerin im Trampolinspringen, Politikstudium in Hamburg und London, verheiratet mit Daniel Holefleisch, zwei Töchter (2011 und 2015 geboren), lebt in Potsdam. Seit 2005 Mitglied von Bündnis 90/ Die Grünen, seit 2013 im Deutschen Bundestag, 2018 bis 2022 Partei- vorsitzende der Grünen, seit Dezember 2021 Bundesministerin des Auswär- tigen. 2023: 73. Ritterin des AKV-Ordens „Wider den tierischen Ernst“! Mit dieser designierten Ritterin hat der Aachener Karnevalsverein (AKV) einen Volltreffer gelandet, der aufgrund der aktuellen Kriegssituation zwar ein Drahtseilakt sein könnte, wenn er gelingt, aber für Furore sorgen wird. AKV-Präsident Wolfgang Hyrenbach bringt es auf den Punkt: „Gerade in diesen schwierigen politischen Zeiten finde ich, wer im Einsatz für Frieden, Sicherheit, Demokratie sowie Menschenrechte steht und weiß Gott ein hartes Amt hat, weil er auf diplomatischer Ebene den russischen Aggressoren die Stirn bieten muss, demjenigen soll überall die Bühne gehören, erst recht im Karneval.“ In dem Fall ist derjenige eine Frau: Außenministerin Annalena Baerbock, die zugesagt hat, den Orden auf jeden Fall anzunehmen. Karnevalisten sind Optimisten, en wenn et versönk: „Die Bühne der Ordensverleihung ermöglicht ihr, nicht nur auf dem glatten politischen Parkett zu reden, sondern als Mensch auf humoristische Art Statements zu geben oder einfach das zu sagen, was ihr auf der Seele liegt.“ Dass Baerbock das Herz auf der Zunge trägt, weiß jeder, seit ihr nach einer Parteitagsrede – bei offenem Mikrofon gut hörbar – das Wort Scheiße entfuhr. Ein Versprecher hatte sie zuvor geärgert. Das Kanzleramt traute der Grünen kaum einer zu. Und Außenministerin? Die bange Frage hat sie im Amt souverän gekontert. Sergei Lawrows Versuch, die 30 Jahre jüngere Kollegin mit Alkohol bloßzustellen, konterte sie cool: „Wenn mittags Wodkatrinken Härtetest ist – ich habe zwei Kinder geboren.“ Ihr Stil, auch modisch, ist schnörkellos, geradlinig. Der Vorwurf der Verbotspartei trifft sie nicht. Sie mag klare Regeln, vorschreiben lässt sie sich nichts – als Kind vom Bauernhof isst sie fraglos auch Fleisch. Nicht ganz so genau hat sie es auch 2021 in ihrem Buch Jetzt. Wie wir unser Land erneuern genommen. Plagiatsvorwürfe standen im Raum. Vorbei. Mit Entschlossenheit und Einfühlungsvermögen, mit Willenskraft und Pragmatismus hat sich die Außenministerin Respekt und Vertrauen erworben. Weltweit. Ihr politischer Stil ist neu, offen, ehrlich, Klartext. Das kommt an. Zuletzt trat sie im Mai 2022 in Aachen beim Karlspreis auf. Auch das kam an, nicht nur weil sie Aachens Oberbürgermeisterin beim Stolperer vom Podium auffing. Annalena Baerbock kann anpacken. Sind wir also gespannt, wie sie das Thema Karneval anpackt. Denn auch, wenn sie über ihre Englischfehler selbst lacht, wenn ihr beschönigter Lebenslauf Büttenrednern eine Steilvorlage liefert, ist der Humor im Amt für sie im Moment rar gesät. Im Narrenkäfig des AKV kann sie den Öchern im Eurogress und der TV-Nation bundesweit trotzdem zeigen, wie man als selbst ernannte feministische Außenpolitikerin mit dem karnevalistischen Schwert mehr als einen Volltreffer landet! DIE LAUDATORIN Iris Renate Dorothea Berben, am 12. August 1950 in Detmold geboren, deutsche Schauspielerin und Aktivistin gegen Antisemitismus. Sie lebt mit ihrem Lebensgefährten Heiko Kiesow in Berlin und ist Mutter des Filmproduzenten Oliver Berben. 2022: 72. Ritterin des AKV- Ordens „Wider den tierischen Ernst“! Als Narr, der die Wahrheit spricht, begeisterte Iris Berben im Vorjahr die Zuschauer an den Bildschirmen der Nation. Coronabedingt saß im großen Saal des Eurogress’ nur eine Handvoll närrischer Statisten. Der Wucht der Weltklasse-Schauspielerin tat das keinen Abbruch: Im Harlekinkostüm schoss sie im Narrenkäfig scharf gegen rechte Hetze, die AfD, Rassismus und Ausgrenzung. Starke Statements einer starken Frau, die sich nicht scheute, „bedingungslose Gleichberechtigung“ zu fordern. „Wir brauchen mehr Frauen an der Macht. Ich wünsche mir eine UNO-Chefin, eine US-Präsidentin...“ Der AKV hat ihren Wunsch erhört, ihre Nachfolgerin im Reigen der Ritterrunde ist eine Außenministerin, Annalena Baerbock. Mächtig geheim ist, welche Wahrheit die große Actrice Iris Berben in ihrer Laudatio ausspricht. Wiverfastelovvend beim AKV: Die Ordensverleihung „Wider den tierischen Ernst 2023“ bringt mit Baerbock, Berben, Maischberger ein Dreigestirn auf die Bühne, das politischen Karneval der Extraklasse zu feiern verspricht. Staatse Fraulü in der Bütt Foto: Auswärtiges Amt Foto: AKV/ Andreas Steindl

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