BAD AACHEN 12-2023

8 | BAD AACHEN 12/23 „ Ja, absolut!“ Dr. Matthias Fritz würde den Weg wieder so gehen, der ihn bius zum Seelsorger an den Aachener Hochschulen, zum Domvikar und zum Ausbilder in Seelsorgeberufen geführt hat. Lehrer hatte er eigentlich werden wollen, nur andere bewerten wollte er nicht. „Als Seelsorger begleite ich Menschen und urteile nicht“, hat Matthias Fritz für sich die perfekte Richtung gefunden. In Bonn und Wien hat er Theologie studiert, war Diakon und Kaplan in Aachens Norden. Priester sein, das ist für den 40-Jährigen „immer noch die schönste Lebensaufgabe“, weil er für Menschen im Glauben und in der Spiritualität da sein dürfe. Und wenn er Zeit hat, dann ist er auch gern auf Instagram da, nutzt die Storyfunktion zur Kommunikation. Weltfremd ist der Geistliche also keineswegs, und so ist er ehrlich, dass er selbst hadert, manchmal ratlos ist, wie er in der aktuellen Situation der Kirche seinen Glauben leben und daraus Kraft schöpfen soll. „Als Priester wird meine Glaubwürdigkeit oft angefragt. Dann steht eine Frage im Raum, auf die ich eine ehrliche und persönliche Antwort zu geben versuche.“ Die größte Zahl der Kirchenaustritte jemals (19000 im Jahr 2022 allein im Bistum Aachen) sieht er als Glaubenskrise, die neben Missbrauchsfällen und dem Umgang damit weitere Gründe habe: „Kirche ist ein Player, der global denkt und handelt, wenn das lähmt, müssen wir vor Ort erste Schritte gehen“, verweist Fritz auf die Reform der Bistumsstrukturen, die neue Formen der Glaubens- und Sinnsuche eröffnen wolle. „Das Bistum versucht, mit den Menschen etwas zu bewegen. Das finde ich super!“ Stillstand ist nichts für den jungen Theologen, der seine Arbeit in der Hochschulgemeinde gerade deswegen so gern mag, „weil hier ein Raum an Freiheit ist, Dinge auch mal anders machen zu können“. Und jetzt Weihnachten. Traditionell? Oder auch eher anders? „Weihnachten stellt für mich alles auf den Kopf“, staunt Matthias Fritz darüber, „dass Gott, sich darauf einlässt, wie wir Menschen fühlen, denken, lieben und leben“. Und er freut sich auf die Gottesdienste in der Jugendkirche ebenso wie im Dom: „Eine tolle Spannbreite an Möglichkeiten, Weihnachten zu erleben und zu feiern.“ cf Freuen Sie sich auf Weihnachten? Ich freue mich auf sehr intensive Tage – beruflich wie privat. Aber ich freue mich besonders auf das, was wir in diesen Tagen feiern. Persönlich ist es mir sogar irgendwie das liebste christliche Fest. Und was bedeutet dieses Fest für Sie? Es ist für mich so etwas wie die Revolution unter den Religionen. Die christliche Idee, dass Gott sich so sehr auf uns einlässt, dass er selbst Mensch wird. Das ist für mich schon eine einmalige Sache, denn es heißt auch, dass der Mensch etwas Einmaliges ist. Daher ist Weihnachten für mich einfach ein Fest der Menschlichkeit. Wie ist als moderner Seelsorger Ihr Wunschbild von Kirche? Ich wünsche mir eine Kirche, die über mehr als Strukturen und Finanzen debattiert, die diverser ist und vielfältige Lebensformen begleitet. Unsere Kernkompetenz ist die Frage, wie Leben in seiner Tiefendimension auf Gott hin möglich ist. Dabei ist diese Kirche für mich partizipativ – partizipativer als bisher. Warum lohnt sich – trotz allem – ein Besuch in der Christmette? Weil es in der Kernbotschaft um uns Menschen geht, darum, wie einzigartig wir sind. Hoffentlich wird das in den Gottesdiensten deutlich. Welche Botschaft richten Sie zu Weihnachten an die Menschen? Ich werde davon sprechen, dass das Leben sich lohnt und wir damit Großartiges tun können. Darin hat Gott vor gut 2000 Jahren großes Vertrauen gezeigt. Ich freue mich darauf, mit jungen Menschen in einen offenen Austausch über das Weihnachtsevangelium zu treten, wenn ich in unserer Jugendkirche den Heiligabend feiere. Und Ihr Weihnachtswunsch 2023 lautet... So abgedroschen es klingt, aber einen der sehnlichsten Wünsche hat die Weihnachtsgeschichte der Bibel: und Frieden auf Erden (Lukas 2). VORGESTELLT Foto: Domkapitel Aachen/A. Steindl FRAGEBOGEN Geburtsdatum: 23. 10. 1983 Geburtsort: Leverkusen Beruf: katholischer Priester Hobbys: Lesen, Star Trek, Städtetouren Matthias Fritz Ein Fest der Menschlichkeit An Weihnachten den Blick von der Kritik an Kirche hin zur Kernbotschaft lenken.

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