BAD AACHEN 05-2025

4 | BAD AACHEN 05/25 JUBILÄUM Zum 200. Geburtstag des Theaters Aachen lädt BAD AACHEN zur Entdeckungsreise durch geheime Gänge, über enge Treppen und zu technischen Wundern ein. Ein einzigartiger Besuch hinter den Kulissen... Von Sabine Rother Eine faszinierende Welt aus dämmrigen Gängen, geheimen Winkeln, engen Treppchen, endlosen Kabeln, schwarzem, verschrammtem Holz, erstaunlich warm und bis ganz oben unter das Dach ausgestattet mit nicht mehr so ganz aktueller Technik: „Wenn in der Innenstadt jemand im Winter mit einem T-Shirt herumläuft, ist das meistens ein Techniker vom Theater“, meint Lukas Popovic (81), lange Jahre Dramaturg und Chefdramaturg am Theater Aachen, lächelnd. Zum 200. Geburtstag rückt der markante klassizistische Bau verstärkt als Zeitinsel, als Ort der Kunst und jener Menschen, die seit der ersten Premiere mit Herzblut auf, vor, hinter, über und unter der Bühne im Einsatz sind, in den Blick einer Öffentlichkeit, die vieles nie sehen wird. Wenn sich der Vorhang hebt, wie von Zauberhand Mobiliar verschwindet oder auftaucht, ist das nur möglich, weil jeder an seinem Platz ein Perfektionist ist. Popovic kennt sie alle, die Spuren aus vergangener Zeit, als schwere Gewichte auf dem Schnürboden die Schnüre, besser gesagt Züge, sichern mussten. Aber er weiß zugleich von den Fortschritten, der Herausforderung und Erleichterung durch digitale Technik, von kraftvollen Öldruck-Motoren, die so leise laufen, dass kein Seufzer der Heldinnen und Helden auf der Bühne verloren geht. Ein genialer Irrgarten Das Theater hat seine eigenen Gesetze. Wer an der Pforte im Souterrain durch einen schmalen Seiteneingang das Haus betritt, muss genau sagen warum, findet Aushänge der Gewerkschaft und mehr. Die Pförtner sind gute Wächter, geben Auskunft, reichen Nachrichten weiter und helfen, wenn sich verwirrte Gäste Rat holen. Wo geht es denn nun zur Maske? Wo ist die Herrentoilette? Wie findet man sich zurecht, ohne auf die Bühne zu stolpern – denn das ist eine der größten Sünden, die man hier begehen kann. Bei roten Türen heißt es: aufpassen. Geht man in die grüne Richtung, findet man wieder hinaus aus dem genialen Irrgarten, der sich in 200 Jahren nicht wesentlich verändert hat. Bühnenzauber mit Tücken Die Bomben des Zweiten Weltkrieges haben das Theater nicht verschont. Es wurde 1943 nahezu zerstört. „Nur der Portikus ist stehengeblieben, das war ein kleines Wunder“, weiß der Experte. Hier hat alles Geschichte – etwa das ausgetretene, vielfach geflickte rot-bräunliche Linoleum, das inzwischen eine undefinierbare Farbe angenommen hat. Jeder Quadratzentimeter vom Vorderhaus, das man zwischen prächtigen Säulen betritt, dem Bühnenbereich und dem Hinterhaus ist verplant – etwa, um voluminöse schwarze Tücher zu lagern, die sauber aufgewickelt in Regalen warten, bis sie die Gassen verhüllen, jene Orte, wo Akteure mit pochendem Herzen auf ihren Auftritt warten oder geschickt verschwinden. Hier sind Plaudereien nicht erwünscht. „Das Theater Aachen hat eine Guckkastenbühne, das Publikum blickt nur von vorn auf Kulissen und Szenerien, nicht in einem größeren Radius, wie ihn das Theater der griechischen Antike in Epidauros Blick inverborgene Welten Am Bühneneingang: Lukas Popovic Foto: Andreas Steindl Fotos: Andreas Rüben

RkJQdWJsaXNoZXIy MTM5Mjg=