BAD AACHEN 08-2025

LUISE: Geburtshilfe ganz ohne ärztliche Dauerpräsenz: Wie funktioniert das genau? Chiara Kloubert: Im Hebammenkreißsaal übernehmen Hebammen die Geburt komplett eigenständig – ohne ärztliche Begleitung. Das ermöglicht eine 1-zu-1-Betreuung, bei der die Hebamme durchgehend für die Gebärende da ist. In einem interdisziplinären Kreißsaal ist diese persönliche Nähe wegen Mehrfachbetreuung nicht immer in gleichem Maß möglich. LUISE: Wie ist der Kreißsaal organisatorisch aufgestellt? Chiara Kloubert: Unser Konzept sieht vor, dass in jeder Schicht – also morgens, abends und nachts – immer zwei Hebammen im Dienst sind. Zusätzlich gibt es nachts einen Rufdienst, der bei Bedarf einspringen kann. Nur mit dieser festen Personalstruktur können wir die intensive und persönliche Betreuung im Hebammenkreißsaal überhaupt sicherstellen. LUISE: Welche Voraussetzungen müssen Frauen erfüllen, um hier zu entbinden? Chiara Kloubert: Für eine Geburt im Hebammenkreißsaal gelten klare Voraussetzungen: Die Schwangerschaft muss gesund verlaufen – also physiologisch sein. Das Kind sollte ein unauffälliges Gewicht haben, und die Geburt darf frühestens ab der 38. Schwangerschaftswoche stattfinden. Ausgeschlossen sind Geburten bei bestimmten Vorerkrankungen, zum Beispiel bei Schwangerschaftsbluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch bei einem deutlich erhöhten Body-MassIndex kann im Hebammenkreißsaal nicht entbunden werden. In solchen Fällen erfolgt die Entbindung im interdisziplinären Kreißsaal mit ärztlicher Begleitung. LUISE: Wie wird während der Geburt für die Sicherheit von Mutter und Kind gesorgt? Chiara Kloubert: Die Sicherheit von Mutter und Kind hat oberste Priorität. Wir kontrollieren regelmäßig die Vitalzeichen wie Puls, Blutdruck und die Herztöne des Babys, um den Zustand während der Geburt genau im Blick zu behalten. Dank der 1-zu-1-Betreuung können wir individuell auf die Bedürfnisse der Gebärenden eingehen. In der letzten Phase der Geburt ist zudem immer eine zweite Hebamme dabei. Wir stehen in engem Austausch mit dem ärztlichen Team und geben regelmäßig Rückmeldung zum Geburtsverlauf. Bei Bedarf ziehen wir ärztliche Unterstützung sofort hinzu. Auch wenn wir eigenverantwortlich arbeiten, sind wir eng in die Krankenhausstruktur eingebunden. LUISE: Welche Methoden zur Schmerzlinderung stehen zur Verfügung? Chiara Kloubert: Wir begleiten die Geburt so natürlich wie möglich und unterstützen den Ablauf, den der Körper vorgibt. Schmerzmittel dürfen wir nicht verabreichen, nur leichte, entkrampfende Mittel. Zur Linderung können ein TENS-Gerät – es arbeitet mit sanften Stromimpulsen –, die Badewanne, Gymnastikbälle oder ein Geburtskamm helfen. Wenn sich die werdende Mutter ein Schmerzmittel oder eine PDA wünscht, besprechen wir das gemeinsam und wechseln in den interdisziplinären Kreißsaal, wo wir eng mit dem ärztlichen Team zusammenarbeiten. Grundsätzlich entscheiden sich viele Frauen bewusst für den Hebammenkreißsaal, weil sie möglichst ohne medizinische Eingriffe und Schmerzmittel entbinden möchten. dreifache Mutter Luisa Golob (links) und Hebamme Chiara Kloubert Den ganzen Artikel lesen? luisenhospital.de /luise „Mit meinen ersten beiden Geburten war ich nicht hier. Im Nachhinein wünschte ich, ich wäre es gewesen.“ Luisa Golob

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