BAD AACHEN 09-2025

18 | BAD AACHEN 09/25 KULTUR Das Theater gut verkaufen Zum Start in die neue Spielzeit inszeniert Elena Tzavara „My Fair Lady“. Für BAD AACHEN hat Bernd Mathieu die Intendantin des Theaters Aachen besucht und ein persönliches Gespräch über Partys & Pläne geführt. Über den Hof zur Intendanz. Vorbei an den Werkstätten mit dem flüchtigen Blick hinter die Kulissen, in denen in der Melange aus Kunst und Handwerk, aus Talent und Fleiß die Potenziale dieses Theaters ausgeschöpft werden. In der gerade vergangenen Spielzeit ist das gelungen. Fortsetzung folgt, das ist der Anspruch; denn im Spielzeitheft steht der schöne Satz „Die Party geht weiter“. Der richtige Zeitpunkt, mit der Intendantin Elena Tzavara (Foto l.) über die Party zu reden. Auszüge aus diesem Gespräch sind hier dokumentiert. Ich frage sie zuerst, welche Party sie mit ihrem Theater feiern will. Sie lacht und antwortet: „Party ist genau wie Theater eine Begegnung aller möglichen Menschen. Und die Jubiläums-Party geht weiter, da wir ab dem 5. September unsere Ausstellung im Centre Charlemagne und dann im Couven Museum ab dem 19. September die Ausstellung Auf die Spitze getrieben über die historische Kostümherstellung eröffnen. Das finde ich in dieser Stadt der Textilindustrie ganz toll.“ Was gehört zur Party: gute Laune, Lust auf Überraschungen? „Genau, und: neue Leute, vielleicht auch neue Handschriften kennenzulernen.“ Hast Du in Deinen ersten beiden Jahren in Aachen Deine Handschriften setzen können? „Wir haben mit einigen Formaten, die wir ausprobiert haben, große Erfolge feiern können, vor allem, wenn Stadtgesellschaft oder Akteurinnen und Akteure auf das Theater getroffen sind, die vielleicht gar nicht zum Theater gehören wie zum Beispiel der Dom oder öffentliche Plätze oder Themen wie Kinderschutz und Klima.“ Es hat in der vorigen Spielzeit neue Formate und Ideen gegeben, etwa bei Orphée aux Enfers mit den Social-Media-Einblendungen, bei der Zauberflöte, die von Kindern, Eltern und Großeltern besucht wurde. Deinem Ziel, neue Zielgruppen zu erreichen, bist Du sehr nahegekommen. „Da ist noch Luft nach oben. Wir haben die Zwischengeneration verloren, die jetzt kleine Kinder hat, weil sie es sich nicht leisten oder es nicht organisieren kann. Für mich ist es deshalb sehr wichtig, Familienvorstellungen zu disponieren, bei denen alle Generationen dabei sein können und es für die Kinder nicht so teuer wird. Wenn man mit einer vierköpfigen Familie in die Oper oder ins Schauspiel geht, bezahlt man ganz schön viel. Deshalb haben wir für alle Produktionen die Familienvorstellung generiert. Kinder zahlen auf jedem Platz 10 Euro und können neben ihren Eltern oder Oma und Opa Platz nehmen.“ „Wundert Euch!“ lautet der Slogan der neuen Spielzeit schwarz auf gelb. Worüber soll man sich noch wundern? „Man hat als Zuschauer eine bestimmte Erwartung. Die wird manchmal gebrochen, weil man eigentlich nicht weiß, was auf einen zukommt. Das ist doch ein schönes Gefühl! Die einen finden es im Nachhinein gut, die anderen nicht, aber es ist wenigstens niemandem einfach egal.“ Deshalb führst Du das Format Lob & Tadel ein mit BühnenPremiere im Juni gegen Ende der Spielzeit. „Ich finde es toll, sichtbar zu machen, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind. Wir haben viele Zuschriften bekommen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und die ich gerne immer persönlich beantworte. Das sind die meisten Menschen dann gar nicht gewohnt, dass die Generalintendantin selbst schreibt. Teilweise waren sehr ruppige Zuschriften dabei, teilweise total liebevoll geschriebene, sogar handgeschriebene Rückmeldungen.“ Du hast mehrfach die prägende Handschrift erwähnt. Sag doch mal in einem Satz, was Deine Handschrift ist. „In einem Satz? Geht nicht. Meine Handschrift ist musikalisch geprägt. Ich bin genuin Opernregisseurin und nehme alle meine Figurenzeichnungen aus der Musik. Vielleicht ist meine Handschrift die des Humors – mit einer gewissen Werktreue, man muss ja nicht um jeden Preis originell sein. Die Musik als weiteren Text zu behandeln, das ist mir sehr wichtig.“ Und da bist Du auf My Fair Lady gekommen, das inszenierst Du selber. (lacht) „Nee, also ja, ich inszeniere selbst, aber deswegen bin ich nicht auf My Fair Lady gekommen.“ Warum reizt es Dich dann, gewiss nicht nur wegen George Bernard Shaw, vielleicht weil am Ende Eliza die stärkste Rolle spielt? „Weder das Eine noch das Andere. Es geht uns um die Reit-Weltmeisterschaft.“ Nur wegen der Ascot-Szene? „Natürlich nur wegen Ascot! Das Stück ist der Musical-Klassiker schlechthin. Das reizt mich. Das Musical ist noch viel besser als der Film mit Audrey Hepburn und Rex Harrison. Man hört ein Highlight nach dem anderen, nur Ohrwürmer, mindestens 15 Stück, die man mit nach Hause nimmt.“ Ihr kündigt das Musical verheißungsvoll an, wörtlich: „Wir lassen die Pferde auf dem Ascot-Rennplatz ins Theater galoppieren.“ In Großbritannien geboren: Sopranistin Clare Tunney spielt die Rolle der Eliza. Foto: Matthias Baus Foto: Ronan Collett

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