2023 Wir geben deiner Zukunft ein Zuhause. JAHRESBERICHT Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen Jahresbericht 2023
2 JAHRESBERICHT 2023 Die LBS-Gruppe Geschäftsentwicklung der Landesbausparkassen Veränd. in % Neue Vertragsabschlüsse Anzahl (in Mio.) Vertragsbestand Anzahl (Mio.) insgesamt darunter Sparleistungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (einschl. Außendienst)* Insgesamt darunter Auszubildende Marktanteile (Anzahl Verträge) Neuabschlüsse Vertragsbestand
Inhalt Inhalt 05 Vorwort 06 I. Vermögensbildung, Bausparen und Altersvorsorge 10 II. Nachhaltigkeit 14 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum 18 IV. Bausparen und Finanzieren 20 V. Regulatorik 23 VI. Recht 27 VII. LBS im Dialog 28 VIII. Die LBS-Gruppe 37 IX. Statistische Übersichten
4 JAHRESBERICHT 2023
5 Vorwort Vorwort Die wiederentdeckte Attraktivität des Bausparvertrags prägte auch das Geschäftsjahr 2023 der Landesbausparkassen: Über eine halbe Million neuer Bausparverträge (plus 4,3 Prozent) mit einem Volumen von 32,4 Milliarden Euro wurden bei den Bausparkassen der Sparkassen abgeschlossen. Zugleich haben die Spezialkreditinstitute erneut einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des mit der Zinswende Anfang 2022 in Deutschland eingebrochenen Wohnungsbaufinanzierungsmarktes geleistet. Insgesamt flossen Bausparmittel in Höhe von 11,9 Milliarden Euro in den Wohnungsmarkt – gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 17,2 Prozent. Dank zinsgünstiger Bauspardarlehen haben Zehntausende von LBS-Kundinnen und -Kunden ihren Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen können. Zu viele Wohneigentumswünsche bleiben in dem weiterhin widrigen Umfeld aus stark gestiegenen Zinsen und hohen Baupreisen allerdings unerfüllt. Es muss deshalb künftig alles dafür getan werden, dass die schwächelnde Wohneigentumsbildung wieder in Gang kommt. Mit der Anhebung der Einkommensgrenzen für die Arbeitnehmer-Sparzulage zu den vermögenswirksamen Leistungen der Arbeitgeber, die auch für das Bausparen genutzt werden können, hat der Gesetzgeber ein richtiges Signal gesendet: Es lohnt sich generell, frühzeitig mit der Eigenkapitalbildung zu beginnen – und die Sparförderung erreicht nun wieder mehr Arbeitnehmer. Das Neubau-Förderprogramm für Selbstnutzer jedoch, das die Bundesregierung zu Beginn der Legislatur aufgelegt hat, kam bei den Bau- und Kaufwilligen anfangs kaum an. Der Grund: Niedrige Einkommensgrenzen trafen auf hohe Anforderungen an den energetischen Standard des Gebäudes. Es ist deshalb gut, dass die Politik hier nachgebessert hat und das KfW-Programm Wohneigentum für Familien (WEF) nun eine gewisse Wirkung zeigt. Auch ist zu begrüßen, dass demnächst ein Förderprogramm „Jung kauft Alt“ kommen soll, das junge Familien beim Erwerb und der energetischen Ertüchtigung von älteren Objekten unterstützt. Den gesamten Gebäudesektor auf die bis 2045 geplante Klimaneutralität auszurichten, ist eine Mammutaufgabe, die von der Ampelregierung mit hohen staatlichen Fördermitteln flankiert wird. Die verschiedenen, für den NichtProfi kaum zu überblickenden Programme sind in der Bundesförderung für effiziente Gebäude, kurz BEG, zusammengefasst. Die Landesbausparkassen haben es sich zu ihrer Aufgabe gemacht, die Energiewende bestmöglich zu unterstützen. Dieses Engagement beschränkt sich nicht darauf, mit Bausparprodukten die finanziellen Belastungen einer energetischen Modernisierung erträglich zu gestalten. Vielmehr geht es auch darum, Hemmschwellen für private Investitionen abzubauen und die Kundinnen und Kunden bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Dazu gehört neben einer Erstorientierung, etwa durch IT-gestützte Modernisierungsrechner, das Aufzeigen von Fördermöglichkeiten und die Hilfe bei der Einbindung von Energieberatern. „Kriegst du hin. Mit uns.“ haben sich die Landesbausparkassen in ihrem Slogan auf die Fahnen geschrieben. Sie lösen dieses Versprechen gegenüber rund 7 Millionen Kundinnen und Kunden mit ihrem Kernprodukt ein, dem Bausparvertrag. Dessen Grundprinzip ist aktueller denn je: sichere Eigenkapitalbildung gepaart mit dem Anspruch auf ein niedrig verzinsliches Darlehen. Jörg Münning Axel Guthmann Vorsitzender Verbandsdirektor Jörg Münning Axel Guthmann
6 JAHRESBERICHT 2023 I. Vermögensbildung und Bausparen Das Jahr 2023 stand wie schon 2022 im Zeichen der gestiegenen Bauzinsen. Mögen diese auch im historischen Vergleich mit 3 bis 4 Prozent noch immer niedrig erscheinen, so bedeutete eine Verdrei- bis Vervierfachung gegenüber der vorangegangenen Niedrigzinsphase dennoch, dass der Erwerb von Wohneigentum für viele Menschen kaum mehr zu finanzieren war, weil die monatlichen Raten über ihre finanziellen Kräfte gegangen wären. Die Kaufpreise für bestehende Immobilien lagen schließlich weiterhin auf sehr hohem Niveau und an Neubau war erst recht nicht zu denken. Die Baukosten waren mit Beginn des Ukraine-Kriegs im Frühjahr 2022 explodiert und stiegen auch in der Folgezeit beständig weiter. Es kann also kaum erstaunen, dass das Bausparen 2023 hoch im Kurs stand. Plötzlich war das Zinsversprechen der Landesbausparkassen wieder erlebbar, ein Bausparvertrag erschien wie ein letzter Rettungsanker, der den Traum vom eigenen Zuhause vor dem Untergang bewahren könnte. Die Nachfrage nach neuen Bausparverträgen und nach zinsgünstigen Bauspardarlehen stieg stark (siehe Kapitel IV). Die seit jeher existierenden Vorteile des Bausparens werden vielen erst jetzt wieder bewusst: 1. Bausparen sichert günstige Zinsen Heute in einen Bausparvertrag einzahlen, morgen nicht nur über Ersparnisse, sondern auch über ein zinsgünstiges Bauspardarlehen verfügen können – das ist das Prinzip des klassischen Bausparens. Jetzt funktioniert es wieder, weil Bauspardarlehen zu niedrigeren Zinsen vergeben werden können als andere Wohnimmobilienkredite. Aber auch für angehende Wohneigentümer, die bereits kurz vor dem Hausbau oder -kauf stehen, ist der Bausparzug noch nicht abgefahren. Nicht zuletzt die Stiftung Warentest verweist immer wieder darauf, dass sogenannte Bausparkombikredite eine gute Möglichkeit sind, sich 20 bis 30 Jahre lang Zinssicherheit zu schaffen. Diese Finanzierungsmodelle verknüpfen einen Vorfinanzierungskredit, für den lediglich Zinsen anfallen, mit einem Bausparvertrag, über dessen Besparung in 10 oder 15 Jahren der Anspruch auf ein Bauspardarlehen entsteht. Mit diesem wird der Vorfinanzierungskredit abgelöst. 2. Bausparen macht Baufinanzierungen günstiger Wer ein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in seine Baufinanzierung einbringen kann, benötigt weniger Geld von seiner Sparkasse oder Bank. Und dies hat einen großen Vorteil, den die Stiftung Warentest ebenfalls regelmäßig herausstellt: Immobilienkäufer bekommen das benötigte Bankdarlehen in der Regel günstiger, wenn sie einen Teil der Finanzierungssumme bereits über den Bausparvertrag abdecken können. Der einfache Grund dafür ist, dass das Risiko für die Bank geringer ist, je kleiner die Kreditsumme im Vergleich zum Immobilienwert ist. Zudem können Bauspardarlehen im Grundbuch oft nachrangig besichert werden – auch das macht sie aus Sicht anderer Kreditinstitute als Finanzierungsbaustein attraktiv und kann zu günstigeren Zinskonditionen beitragen. 3. Bausparen bildet Eigenkapital Die Immobilienpreise kannten über Jahre nur eine Richtung – sie sind gestiegen. Zwar sind Bestandsimmobilien seit der Zinswende wieder etwas günstiger geworden, das Preisniveau ist aber immer noch hoch. Für Baupreise und Bauland gilt das Gleiche. Die Folge: Der Erwerb von Wohneigentum scheitert weiterhin zumeist am fehlenden Eigenkapital. Nach Berechnungen von empirica hatten im Jahr 2023 nur knapp 5 Prozent der Mieter im Alter zwischen 30 und 44 Jahren genug Eigenkapital, um sich eine Immobilie zum regionalen Durchschnittspreis leisten zu können. Deshalb waren niedrige Zinsen auch nie ein Argument, nicht zu sparen. Denn nur wer früh beginnt, Geld auf die hohe Kante zu legen, hat in einigen Jahren wenigstens einen Grundstock an Eigenkapital. Als Anlageform bietet Bausparen mit Blick auf den Erwerb von Wohneigentum einen großen Vorteil: Es ist nicht dem Risiko von Wertschwankungen auf den Aktienmärkten ausgesetzt. Die Ersparnisse sind vorhanden, wenn sie gebraucht werden. Besonders sinnvoll ist die Eigenkapitalbildung mit Bausparen aber dann, wenn auch das an die Sparleistung gekoppelte Darlehen zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung in Anspruch genommen wird. 4. Bauspardarlehen sind flexibel Der große Charme eines Bauspardarlehens besteht darin, dass Sondertilgungen jederzeit möglich sind und es sogar
7 I. Vermögensbildung und Bausparen komplett zurückgezahlt werden kann, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung an das Kreditinstitut, in diesem Fall also an die Bausparkasse, zu leisten ist. Wer bald mit einer Erbschaft oder anderen größeren Geldeingängen rechnet, weiß diese Option zu schätzen. 5. Bauspardarlehen eignen sich gut für energetische Modernisierungen Früher oder später ist es soweit: Immobilienbesitzer müssen oder wollen ihr Zuhause wieder auf Vordermann bringen: Sei es, dass die Heizung kaputt geht, das Dach undicht wird oder das Projekt energetische Sanierung angegangen werden soll. Für solche Zwecke sollte ohnehin jeder Eigentümer Geld beiseite legen. Wird es in einen Bausparvertrag gesteckt, steht für größere Vorhaben überdies ein günstiger Kredit zur Verfügung. Banken verlangen für Ratenkredite in vergleichbaren Größenordnungen in der Regel weit höhere Zinsen. Gerade mit Blick auf den steigenden Bedarf an und teils eben auch die Pflicht zu energetischen Modernisierungen ist ein Bausparvertrag eine empfehlenswerte Sparform auch für all jene Menschen, die den Sprung in die eigenen vier Wände schon gemeistert haben. 6. Bausparen wird vom Staat gefördert Genaugenommen ist es der Sparprozess für den späteren Erwerb von Wohneigentum, den der Staat in erster Linie mit der Wohnungsbauprämie unterstützt. Grund dafür ist, dass dem selbst genutzten Wohneigentum eine Schlüsselrolle beim Vermögensaufbau und damit auch bei der Verringerung von Vermögensungleichheit zukommt, wie auch internationale Vergleiche immer wieder zeigen. Um das nötige Eigenkapital vorweisen zu können, wenn der Kauf oder Bau der eigenen vier Wände ansteht, ist es wichtig, möglichst frühzeitig mit dem gezielten Sparen zu beginnen. Und zwar auch dann, wenn das Einkommen vermeintlich noch zu knapp dafür ist. Um diese Sparanstrengung zu erleichtern und zu belohnen, gibt es bereits seit 70 Jahren die Wohnungsbauprämie. Im Jahr 2021 wurden erstmals nach mehr als zwei Jahrzehnten die Einkommensgrenzen und der maximal förderfähige Sparbetrag an die Inflation angepasst – und sogar die Fördersätze von 8,8 auf 10 Prozent angehoben (Grafik). Wie gut die Förderung geeignet ist, Menschen zum Bausparen zu motivieren und ihnen auf diese Weise ins eigene Heim zu verhelfen, das hat eine Untersuchung des Berliner Forschungsinstituts empirica für die LBS-Bundesgeschäftsstelle bereits vor einigen Jahren gezeigt – und es wurde von der offiziellen Evaluation durch das DIW Ende 2020 noch einmal bestätigt: Demnach sind Wohnungsbauprämien-Berechtigte häufiger Bausparer als nicht Förderberechtigte. Generell sparen Bausparer mehr als Nicht-Bausparer – und sie werden häufiger und jünger zu Wohneigentümern. So wird die Vermögensbildung in Deutschland gefördert Wohnungsbauprämie Arbeitnehmersparzulage Single Verheiratete Single 43 € 40.000 € 80.000 € 86 € Verheiratete Maximale geförderte Sparleistung pro Jahr Fördersatz Maximale jährliche Sparzulage Einkommensgrenze (zu versteuerndes Jahreseinkommen)
8 JAHRESBERICHT 2023 Der zweite Baustein in der staatlichen Förderung der Vermögensbildung von Haushalten mit kleineren Einkommen ist die Arbeitnehmer-Sparzulage. Anders als die Wohnungsbauprämie richtet sich die Arbeitnehmer-Sparzulage jedoch ausschließlich an abhängig Beschäftigte, und sie ist gekoppelt an die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers: Nur, wenn diese überhaupt gezahlt und in eine förderfähige Sparform angelegt werden – also in Wertpapiere oder einen Bausparvertrag –, können die Förderberechtigten die staatliche Zulage erhalten. Die Arbeitnehmer-Sparzulage hat wie die Wohnungsbauprämie eine lange Tradition: Sie wurde mit dem ersten Vermögensbildungsgesetz im Jahr 1961 eingeführt. Nach einer sehr langen Durststrecke wurden die Einkommensgrenzen für die Arbeitnehmer-Sparzulage Ende 2023 erstmals seit 1999 wieder kräftig angehoben – nämlich mehr als verdoppelt: Mit 40.000 Euro für Singles und 80.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen für zusammenveranlagte Paare übertreffen sie inzwischen sogar die Einkommensgrenzen für die Wohnungsbauprämie. Welche Wirkung die Arbeitnehmer-Sparzulage in der Vergangenheit entfaltet hat, belegt ebenfalls eine Studie der Berliner Wohnungsmarktforscher von empirica. Demnach hatten Einkommensbezieher, die knapp unterhalb der alten Einkommensgrenzen von 17.900 Euro für Singles bzw. 35.800 Euro für Verheiratete lagen und die die Arbeitnehmer-Sparzulage für das Bausparen in Anspruch nahmen, gegenüber sonst identischen Haushalten eine um 1,6 Prozentpunkte höhere Sparquote und ein um fast 10.000 Euro höheres Geldvermögen – was einem zusätzlichen Vermögenspuffer in Höhe von gut drei Monatsnettoeinkommen entsprach. Die dritte Chance auf eine staatliche Förderung des Sparens für Wohneigentum bietet die Eigenheimrente, auch „WohnRiester“ genannt. Im Rahmen der sogenannten RiesterRente ist auch die Wohneigentumsbildung förderfähig. Gewährt wird eine Grund- und eine Kinderzulage zu den Einzahlungen in Bausparverträge. Diese Zulagen werden verrechnet mit einer späteren Einkommensteuerrückerstattung durch die Abzugsfähigkeit von Sparbeiträgen bis zu einer Höhe von 2.100 Euro im Jahr. Da im Gegenzug die Auszahlungen aus der Riester-Rente im Alter versteuert werden müssen, kommt die Förderung vor allem Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen zugute – jenen nämlich, bei denen die Zulage höher ausfällt als die theoretische Steuerersparnis. Besonders attraktiv kann die Eigenheimrente sein, wenn die ZulagenfördeBausparer sind früher am Ziel Quelle: empirica/LBS Research Haushalte mit Bausparvertrag Haushalte ohne Bausparvertrag Bausparer Monatlicher Sparbetrag (in Euro) Wohneigentumserwerber (Anteile in Prozent) Erwerbsalter (Durchschnitt) sparen mehr werden häufiger Eigentümer sind jünger Jahre Jahre Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales Maximale Zulagen in Euro Jährliche Grundzulage Single ro Verheiratet ro Einmaliger Starter-Bonus für ro Jährliche Kinderzulage je Kind + +
9 I. Vermögensbildung und Bausparen rung auch zur Tilgung von Wohnungsbaudarlehen eingesetzt wird. Dass Wohneigentum – und damit auch das Bausparen – eine wichtige Komponente der privaten Altersvorsorge sein kann, haben die Experten der vom Bundesministerium der Finanzen zusammengerufenen Fokusgruppe private Altersvorsorge in ihrem Mitte 2023 vorgelegten Bericht gewürdigt: Die Reformempfehlungen der Gruppe zielen auf eine Verbesserung und Vereinfachung des bestehenden Fördersystems – und die selbst genutzte Immobilie nimmt darin zurecht ihren festen Platz ein. Schließlich spielt die ersparte Miete eine wesentliche Rolle bei der Sicherung des Lebensstandards im Alter (Grafiken). Eigentümer wohnen günstiger Monatliche Wohnkosten bei einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 2.000 und 3.000 Euro, 2018 in Euro Selbstnutzer: Zins und Tilgung sowie kalte und warme Nebenkosten; Mieter: Bruttowarmmiete Quellen: Statistisches Bundesamt (EVS), empirica/LBS Research Alter in Jahren 40 bis 54 55 bis 64 Selbstnutzer Mieter unter 40 628 626 491 634 435 639 725 649 über 64 Wohnkostenbelastung: Bei Eigentümern im Alter stets geringer Quelle: Sozio-oekonomisches Panel/DIW Wohnkosten in Prozent des Haushaltsnettoeinkommens ntümer- und Mieterhaushalten Unterstes Einkommensquintil til ti . Quintil Oberstes Quintil Mieter Eigentümer
10 JAHRESBERICHT 2023 II. Nachhaltigkeit Treiber des Themas Nachhaltigkeit sind die Initiativen des Gesetzgebers sowie der Regulatoren, gleichzeitig berücksichtigen die Menschen vermehrt nachhaltige, umweltfreundliche und klimaschonende Aspekte in ihrem Leben und bei ihren Entscheidungen – auch, was die Anbieter von Finanzprodukten angeht. Die Landesbausparkassen sind nahezu ausschließlich im Bereich der privaten Wohnungsbaufinanzierung tätig und hier gemeinsam mit den Sparkassen Marktführer. Mit ihren Produkten und Dienstleistungen nehmen sie eine Schlüsselstellung ein. Denn das Geschäftsmodell Bausparen ist eine nachhaltige Finanzierungsvariante mit gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Aspekten, indem Wohneigentum als gesellschaftlicher Stabilisierungsfaktor wirkt, das Bausparen es weniger vermögenden Bevölkerungsschichten ermöglicht zu Wohneigentum zu kommen, die eigenen vier Wände einen beständigen Wert darstellen und ein selbstbestimmtes Wohnen ermöglichen sowie zudem vor Altersarmut schützen. Landesbausparkassen – Finanzierer der Energiewende Mit Blick auf die Umsetzung der Energiewende in Deutschland kommt dem privaten Immobilienbestand eine immense Bedeutung zu. Denn das Ziel der Bundesregierung für den Gebäudesektor bis 2045 klimaneutral zu werden, gelingt nur durch entsprechende Maßnahmen im Gebäudebestand und beim Neubau, bei deren Finanzierung die Landesbausparkassen den Menschen zur Seite stehen. Seit einigen Jahren haben sie deshalb den strategischen Fokus auf energetische Sanierungen im Gebäudebestand gelegt. Orientierung geben dabei definierte „Mindeststandards für Grüne Bausparkassenkredite“. So ist ein Kredit einer Bausparkasse „grün“, wenn die finanzierte wohnungswirtschaftliche Maßnahme als „grün“ zu bewerten ist. Finanzierungspotenziale Will Deutschland seine Klimaschutzziele erreichen, muss auch der Bestand an Wohngebäuden in Deutschland energetisch ertüchtigt werden. Da gut 40 Prozent der Wohnungen hierzulande von selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümern bewohnt werden, stellt sich die Frage, ob und wie diese die energetischen Modernisierungen finanzieren können. Bekanntlich verfügen Selbstnutzer über weit höhere Vermögen als Mieter – doch dieses Vermögen ist größtenteils in der Immobilie gebunden. Maßgeblich ist also das Geldvermögen. Vor allem die jüngeren und die älteren Eigentümerinnen und Eigentümer haben laut einer Untersuchung von empirica nicht die nötigen rund 50.000 Euro für eine umfassende Sanierung auf der hohen Kante. Doch auch für die anderen gilt: Das Geld wurde zumeist für andere Zwecke gespart, beispielsweise für die normale Instandhaltung. Statt aus dem Ersparten könnte eine Sanierung per Kredit finanziert werden. Sollen die Wohnkosten auch dann nicht über 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens steigen, beträgt das mittlere Kreditpotenzial in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen knapp 25.000 Euro, die Hälfte der Jungen und Alten fehlt es an Ersparnissen So viel Prozent der Selbstnutzerhaushalte in dieser Altersgruppe verfügen über weniger als 50.000 Euro Geldvermögen Quellen: Statistisches Bundesamt (EVS), empirica/LBS Research 65 46 47 53 42 56
11 II. Nachhaltigkeit Altersgruppe kann also einen höheren Kredit aufnehmen, die andere Hälfte aber nur einen niedrigeren. Auf mehr als 50.000 Euro mittleres Kreditpotenzial kommen nur die 50- bis 59-Jährigen. Das haben die Menschen erkannt. Sie schließen vor diesem Hintergrund auch immer häufiger einen Bausparvertrag zum Zwecke der energetischen Modernisierung ab. Klimafreundlich heizen – Selbstnutzer besonders aktiv Dass sich die Menschen auf den Weg gemacht haben, zeigt u. a. die Entwicklung beim Heizen. Im Jahr 2022 verfügten rund 2,8 Millionen Haushalte in Deutschland über eine klimafreundliche Heizung – gut 7 Prozent aller Haushalte. Rund zwei Drittel waren selbstnutzende Eigentümer. Dass diese viel häufiger mit Holz, Wärmepumpe, Biomasse oder Sonnenenergie heizen, als ihrem Anteil von 42 Prozent an allen Haushalten entspricht, dürfte unter anderem daran liegen, dass sie öfter in neuen Immobilien und leichter umzurüstenden Einfamilienhäusern wohnen, aber auch daran, dass Selbstnutzer anders als Vermieter auch selbst von niedrigeren Energiekosten profitieren. Eine gute Nachricht für den Klimaschutz: In Wohnungen, die nach 2000 gebaut wurden, steigt der Anteil der regenerativen Energieträger sprunghaft. Ab Baujahr 2020 machen sie bereits 37 Prozent aus. Nachhaltig wohnen und sparen Diese Entwicklungen sind aber kein Selbstläufer, wie eine Umfrage unter Immobilienvermittlern von LBS und Sparkassen zeigt. Angehende Wohneigentümer kommen an den Themen Klimaschutz und Energieversorgung zwar nicht mehr vorbei – aber nach Entschärfung der Regierungspläne zu Heizungstauschpflichten und Sanierungszwängen hat das ganz große Interesse der Kaufwilligen daran wieder etwas nachgelassen. Worauf die Käuferschaft allerdings achtet, sind die monetären Aspekte der Nachhaltigkeit. Neun von zehn Vermittlern sagen, dass sich ihre Kunden eine Verringerung der Energiekosten erhoffen. Etwa die Hälfte gab zu Protokoll, der Werterhalt oder die Wertsteigerung durch eine nachhaltige Bauweise sei ein Kaufkriterium. Fördermöglichkeiten Dass die Menschen in Deutschland preissensibel und ihre Entscheidungen häufig davon abhängig sind, ob sich etwas rechnet, ist hinlänglich bekannt. Das hat auch der Staat erkannt, ebenso, dass er die Menschen im Bereich des KliHeizen mit erneuerbaren Energien Haushalte, die überwiegend mit erneuerbaren Energien heizen, 2022 in 1.000 Quelle: Statistisches Bundesamt (Mikrozensus)/LBS Research Erneuerbare Energien: Holz, Biomasse, Sonne, Erd- und andere Umweltwärme Selbstnutzer Mieter Holz, Holzpellets Erd- und andere Umweltwärme, Abluftwärme Davon mit diesem Energieträger … Sonnenenergie Biomasse, Biogas Haushalte, die überwiegend mit erneuerbaren Energien heizen, 2022 in 1.000 Quelle: Statistisches Bundesamt (Mikrozensus)/LBS Research Erneuerbare Energien: Holz, Biomasse, Sonne, Erd- und andere Umweltwärme Selbstnutzer Mieter Holz, Holzpellets Erd- und andere Umweltwärme, Abluftwärme Davon mit diesem Energieträger … Sonnenenergie Biomasse, Biogas Heizen mit erneuerbaren Energien Kreditspielräume für eine energetische Sanierung Mittleres Kredit nanzierungspotenzial (Median) von Selbstnutzerhaushalten in dieser Altersgruppe Quellen: Statistisches Bundesamt (EVS), empirica/LBS Research Maximale monatliche Kreditrate in Euro Kreditvolumen in Euro bei einem Zinssatz von 1 Prozent Kreditvolumen in Euro bei einem Zinssatz von 4 Prozent Annahmen: Tilgung des Modernisierungskredits nach zehn Jahren, Wohnkostenbelastung soll einschließlich der Rate für Modernisierungskredit unter 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommen bleiben.
12 JAHRESBERICHT 2023 Wie der Klimaschutz im Eigenheim gefördert wird Die Förderalternativen Steuerabzug, Zuschuss oder zinsvergünstigter Kredit sind bei Sanierungen nicht kumulierbar Energieberatung, Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) Zuschuss von 50 Prozent zum förderfähigen Beratungshonorar über BAFA, maximal 650 Euro bei Ein- und Zweifamilienhäusern und maximal 850 Euro bei Mehrfamilienhäusern Kostenlose Beratung durch Verbraucherzentralen in Beratungsstellen, online, telefonisch und als „Basis-Check“ zu Hause, weitere Beratungen zu Hause für 30 Euro, für einkommensschwache Haushalte generell kostenlos Fachplanung und Baubegleitung Steuerabzug von 50 Prozent der Aufwendungen Zuschuss von 50 Prozent zu den förderfähigen Kosten über BAFA, bei Einzelmaßnahmen maximal 2.500 Euro für Ein- und Zweifamilienhäusern bzw. 1.000 Euro pro Wohnung in Mehrfamilienhäusern; bei Sanierung zum Effizienzhaus maximal 5.000 Euro für Ein- und Zweifamilienhäusern bzw. 2.000 Euro pro Wohnung in Mehrfamilienhäusern Energetische Sanierung – Heizungstausch Zuschuss von 30 bis 70 Prozent zu maximal 30.000 Euro förderfähigen Kosten für Einbau einer Heizung auf Basis regenerativer Energien über KfW: – 30 Prozent Grundförderung – plus 30 Prozent Bonus für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von weniger als 40.000 Euro – plus 20 Prozent Bonus für Austausch funktionierender fossiler Heizungen (Gasheizungen älter als 20 Jahre) – plus 5 Prozent Bonus für besonders effiziente Wärmepumpen (auf Basis von Erdwärme, Wasser, Abwasser) – plus 2.500 Euro für besonders effiziente Biomasse-Heizungen Kumulierbar bis maximal 70 Prozent, maximal 21.000 Euro Zuschuss Zusätzlicher Ergänzungskredit der KfW von bis zu 120.000 Euro erhältlich, zinsverbilligt für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von weniger als 90.000 Euro Energetische Sanierung – weitere Einzelmaßnahmen am Gebäude (Gebäudehülle, Anlagentechnik, Heizungsoptimierung) Steuerabzug von 20 Prozent der Aufwendungen, maximal 40.000 Euro, verteilt über drei Jahre Zuschuss von 15 Prozent zu den förderfähigen Kosten (maximal 30.000 bzw. 60.000 Euro mit iSFP) über BAFA, plus Bonus von 5 Prozent bei Umsetzung eines iSFP, maximal 12.000 Euro Zuschuss pro Wohneinheit Energetische Sanierung zum Effizienzhaus Zinsvergünstigter Kredit von maximal 150.000 Euro über KfW bei Komplettsanierung zum Effizienzhaus, Tilgungszuschuss zwischen 5 und 25 Prozent abgestuft nach Standard ab Effizienzhaus 85, plus 10 Prozent Worst-Performing-Building-Bonus, 15 Prozent Bonus für serielles Sanieren mit Fertigteilen oder 20 Prozent Bonus für beides Neubau (oder Kauf eines Neubaus) der Stufe Effizienzhaus 40 mit erfüllten TreibhausgasAnforderungen gemäß Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) Zinsvergünstigter Kredit über zwei KfWProgramme: „Klimafreundlicher Neubau (KFN)“ für alle Bauherren: bis zu 100.000 Euro bzw. bis zu 150.000 Euro, wenn der QNG-Standard zertifiziert ist „Wohneigentum für Familien (WEF)“ für Familien mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 90.000 Euro bei einem Kind (plus 10.000 Euro für jedes weitere): abhängig von Kinderzahl und QNG-Zertifi zierung 140.000 bis 240.000 Euro Quellen: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, KfW, Verbraucherzentrale Bundesverband
13 II. Nachhaltigkeit maschutzes unterstützen muss. Und so gibt es zwischenzeitlich eine Reihe von Fördermaßnahmen. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gibt es unter diesem Namen seit Anfang 20211. Seitdem wurde die staatliche Unterstützung der energetischen Sanierung mehrfach umgestellt. Neu ist seit dem Sommer 2023 eine recht üppige Zuschuss-Förderung für den Austausch fossiler Heizungen gegen klimafreundliche Modelle. Der Fördersatz für Energieberatungen wurde im August 2024 von 80 auf 50 Prozent reduziert und der maximale Förderbetrag halbiert. Trotz der vielfältigen Unterstützung durch den Staat, stellt die Finanzierung der kostspieligen Sanierungen für Selbstnutzer eine erhebliche Herausforderung dar. Die Landesbausparkassen stehen den Eigentümern dabei zur Seite, indem sie ihr Geschäftsfeld im Bereich Modernisierung sowie die dazugehörige Fachkompetenz gezielt erweitern.
14 JAHRESBERICHT 2023 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum 1. Immobilienmarkt Im März 2022 endete eine mehr als ein Jahrzehnt andauernde Niedrigzinsphase. Die Zinsen für Baukredite begannen zu steigen, binnen kürzester Zeit hatten sie sich mehr als verdreifacht. Der Erwerb einer Wohnimmobilie wurde damit für Normalverdiener vor allem in den Ballungsräumen nahezu unerschwinglich – und die große Frage stand im Raum: Wann und in welchem Ausmaß würde der Zinsanstieg zu sinkenden Preisen führen? Zu Beginn des Jahres 2023 hatten die Immobilienvermittler der Landesbausparkassen und Sparkassen im Rahmen der Befragung für das LBS-Frühjahrsbarometer für den weiteren Jahresverlauf einen deutlichen Rückgang der Preise für Bestandsimmobilien prognostiziert, während sie im Bereich des Neubaus eher mit Stillstand rechneten. Ein Jahr später ist klar: Ihre Prognosen trafen weitestgehend ins Schwarze. Laut dem aktuellen LBS-Preisspiegel für Frühjahr 2024, der auf den tatsächlichen Vermittlungen basiert, lagen die Preise für gebrauchte Einfamilienhäuser im Frühjahr 2024 um gut 11 Prozent unter dem Niveau im Frühjahr 2023 – dies war der erste Preisrückgang seit dem Jahr 2010 (Grafik). Auch die Preise für ältere Reihenhäuser (minus 9 Prozent) und Eigentumswohnungen (minus 6 Prozent) sowie für Bauland (minus 9 Prozent) sind im Laufe des Jahres 2023 spürbar gesunken. Neue Reihenhäuser kosteten dagegen Anfang 2024 in etwa genauso viel wie ein Jahr zuvor, neue Eigentumswohnungen waren sogar 1 Prozent teurer. Gebrauchte Immobilien haben damit fast schon wieder das Preisniveau von Frühjahr 2021 erreicht, während Neubauobjekte weiterhin deutlich teurer sind als vor der Zinswende im Frühjahr 2022. Grund dafür sind die hohen Baukosten. Die sinkenden Preise von Bestandsimmobilien dagegen sind auf die geänderten Verhandlungspositionen am Immobilienmarkt zurückzuführen. Die Kaufinteressenten stehen nicht mehr Schlange, weil viele den Schuldendienst aufgrund der gestiegenen Zinsen nicht mehr stemmen können. Nicht von ungefähr haben 90 Prozent der befragten Immobilienvermittler festgestellt, dass der Verkauf einer Immobilie länger dauere, als in den vergangenen fünf Jahren üblich war. Rund 60 Prozent gaben an, dass die Verkäufer eher als Mitte 2023 bereit seien, von ihren Preisvorstellungen abzurücken und Preisabschläge zu akzeptieren. Doch nicht nur die Verkäufer machen Abstriche. Auch die Kaufwilligen tun ihr Möglichstes, um dem Zinsanstieg Quelle: LBS Research Entwicklung der Immobilienpreise Veränderung der Preise für gebrauchte Einfamilienhäuser gegenüber dem Vorjahr in Prozent. 2004 -1,4 2005 -3,8 2006 -0,7 2007 0,7 2008 -3,8 2009 -2,8 2010 -1,7 2011 3,2 2012 3,9 2013 5,6 2014 4,2 2015 4,2 2016 6,0 2017 7,5 2018 10,4 2019 5,5 2020 8,0 2021 6,5 2022 14,4 2023 2,9 2024 -11,3 In Groß- und Mittelstädten sowie ausgewählten regionalen Zentren; Stand jeweils Frühjahr; Erhebung bei den Immobiliengesellschaften der Landesbausparkassen und Sparkassen Wie angehende Wohneigentümer auf den Zinsanstieg reagieren So viel Prozent der befragten Immobilienexperten beobachteten Immobilieninteressenten diese Reaktion auf den Zinsanstieg und die dadurch weiter verschlechterte Erschwinglichkeit von Wohneigentum Befragung von 380 Immobilienexperten der Landesbausparkassen und Sparkassen Ende 2023/Anfang 2024 Quelle: LBS Research Von den Vorstellungen abweichende Objekte kaufen Zusätzliche Kapitalquellen mobilisieren Sonstiges, z. B. Abwarten oder Verzichten Leistungen in Eigenarbeit erledigen Kompromisse beim Standort eingehen
15 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum etwas entgegenzusetzen und ihre Finanzierungslast zu reduzieren. Am häufigsten, so berichten drei Viertel der Immobilienvermittler, würden Handwerksleistungen in Eigenarbeit erledigt (Grafik). Knapp zwei Drittel der Vermittler haben beobachtet, dass die Bereitschaft steige, Objekte zu erwerben, die nicht genau den ursprünglichen Vorstellungen entsprechen, gut die Hälfte hat von Standortkompromissen erfahren und knapp die Hälfte von zusätzlich mobilisierten Kapitalquellen. Die Immobilienexperten von LBS und Sparkassen erlebten Anfang 2024 auch, dass Nachhaltigkeitsaspekte bei der Suche nach einer Eigentumswohnung oder einem Eigenheim wieder etwas in den Hintergrund getreten sind. In der aktuellen Befragung gaben nur 15 Prozent der Vermittler an, dass dieses Thema bei den Kunden eine hohe oder sogar sehr hohe Relevanz habe – ein Jahr zuvor sagten dies noch 20 Prozent der Befragten. Dass Nachhaltigkeit überhaupt eine Rolle spiele, bestätigten insgesamt aber immerhin 46 Prozent der Befragten und damit kaum weniger als Anfang 2023, als es 48 Prozent waren. Ins Spiel komme der Klimaschutz immer dann, wenn er helfe Kosten zu sparen, beispielsweise wenn sich die Energieeffizienz durch Dämmmaßnahmen, Photovoltaik oder eine neue Heizung verbessern lasse, so die Erklärung der Experten für die beobachtete Verschiebung der Prioritäten auf Seiten der Käufer.
16 JAHRESBERICHT 2023 Immer weniger Menschen in Deutschland schaffen den Sprung in die eigenen vier Wände. Im Jahr 2020 zogen nach Berechnungen des Berliner Forschungsinstituts empirica nur noch rund 370.000 Haushalte aus einer gemieteten Wohnung in ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung um – gut 90.000 weniger als gemessen an früheren Jahren zu erwarten gewesen wären. Da die amtliche Statistik keine Auskunft darüber gibt, wie vielen Menschen es jährlich gelingt, erstmals Wohneigentum zu erwerben, hat empirica dies im Auftrag der Landesbausparkassen anhand von Daten aus dem Soziooekonomischen Panel (SOEP) rückblickend bis zum Jahr 1990 ermittelt. Um beurteilen zu können, in welchen Zeiten die Wohneigentumsbildung besonders schwierig oder eher leicht war, wurde die Zahl der Ersterwerber-Haushalte zusätzlich ins Verhältnis zur Entwicklung der typischen Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen gesetzt. Das Ergebnis: In den Jahren von 2008 bis 2020 gelang der Ersterwerb von Wohneigentum deutlich seltener als im konjunkturell unauffälligen Referenz-Zeitraum 2003 bis 2007. Lag die Relation in diesen Jahren bei durchschnittlich 2,2 Prozent der 30- bis 50-Jährigen, waren es ab dem Beginn der Finanzkrise 2008 zumeist weniger als 2 Prozent. Einen Tiefpunkt markiert das Jahr 2017 mit 1,5 Prozent beziehungsweise 316.000 Ersterwerbern, aber auch 2020 betrug die Quote gerade einmal 1,8 Prozent. In den 1990er Jahren dagegen war eine Relation von um die 2,5 Prozent üblich. Durchschnittlich fiel die Wohneigentumsbildung zwischen 2008 und 2020 um gut 84.000 Ersterwerber-Haushalte pro Jahr zu niedrig aus. Deutschland blickt damit auf die traurige Bilanz von mehr als 1 Million verhinderte Wohneigentümer binnen 13 Jahren zurück. All diese Menschen belasten den Mietwohnungsmarkt nun noch zusätzlich. Die von der Ampel-Regierung geschaffene Förderkulisse ist vor diesem Hintergrund kritisch zu bewerten: 1. Verglichen mit dem Baukindergeld, für das der Bund über einen Zeitraum von gut drei Jahren fast 10 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat, nehmen sich die im neuen Programm „Wohneigentum für Familien“ (WEF) jährlich für einkommensschwächere Familien vorgesehenen 350 Millionen Euro sehr bescheiden aus. 2. Wohneigentumsbildung und Wohneigentumsförderung Wohneigentumsbildung: Weit unter den Möglichkeiten Quelle: SOEP, empirica/LBS Research Wohneigentumsbildung: erhinderte Ersterwerber Quelle: SOEP, empirica/LBS Research Im Jahresdurchschnitt Zusätzliche (+) beziehungsweise verhinderte (–) Gemessen an der Abweichung der Relation von ErstIm Zeitraum insgesamt
17 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum 2. Der Bestandserwerb, auf den immerhin zwei Drittel des Baukindergelds entfielen, wurde 2023 nicht gefördert, sondern ausschließlich der Neubau – und zwar nur noch jener Neubau, der die höchsten energetischen Anforderungen erfüllt. 3. Familien mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unterhalb der ursprünglich angesetzten Grenze von 60.000 Euro können sich die Baukosten für den anspruchsvollen Effizienzhaus-40-Standard in der Regel nicht leisten, deshalb wurde das Förderprogramm WEF nur einige wenige Male beantragt. Zum Glück hat die Bundesregierung diese Webfehler in der Förderung erkannt und nachjustiert: Die Einkommensgrenze für das Programm WEF wurde auf 90.000 Euro mit einem Kind angehoben. Zudem soll 2024 ein Förderprogramm für den Bestandserwerb aufgelegt werden, das sich an der Idee der kommunalen „Jung kauft Alt“-Förderung orientiert: Familien sollen dabei unterstützt werden, ältere sanierungsbedürftige Immobilien zu erwerben, werden dann aber auch Auflagen zur energetischen Sanierung zu erfüllen haben. Unter dem Strich bleibt die Wohneigentumsförderung ein Tropfen auf den heißen Stein: Es stehen nur begrenzte finanzielle Mittel dafür zur Verfügung – was angesichts der angespannten Haushaltslage verständlich ist. Das Budget wird jedoch kaum reichen, um den Rückgang der Eigentumsbildung zu stoppen, geschweige denn, diese unter den erschwerten Bedingungen mit steigenden Zinsen und unkalkulierbaren Materialkosten wieder auf ihr einstiges Niveau zu heben. Mehr Menschen ins Wohneigentum zu bringen ist jedoch essenziell für eine bessere private Vermögensbildung und Altersvorsorge. Wenig hilfreich ist zudem, dass die Förderung über ihr eigentliches Ziel hinaus mit allerlei Zusatzanforderungen überfrachtet wurde. So würde es genügen, den gesetzlichen Neubaustandard zu verlangen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an eine wirtschaftspolitische Grundregel: Jedes politische Ziel sollte mit einem spezifischen politischen Instrument angesteuert werden, das nicht zugleich anderen Zwecken dient. Dass die Wohneigentumsförderung in den vergangenen Jahren gut angenommen wurde, zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zur Wohneigentumsbildung: Demnach wurde für jede zweite neu gebaute, selbst genutzte Immobilie in den Jahren 2018 bis 2021 auch eine Form der staatlichen Förderung eingesetzt, Bestandskäufer nutzten sie zu 41 Prozent. Das Baukindergeld beispielsweise, das fast den gesamten Befragungszeitraum über zur Verfügung stand, hat 42 Prozent aller Neu-Eigentümer beim Erwerb geholfen. Doch auch die Bedeutung der Sparförderung sollte nicht unterschätzt werden: So haben immerhin 47 Prozent der Neu-Eigentümer Eigenkapital mit Hilfe eines Bausparvertrags gebildet – gut jeder Fünfte darunter hat die Wohnungsbauprämie erhalten und mehr als jeder Achte die Arbeitnehmersparzulage. Vor dem Hintergrund, dass Neubau aufgrund der hohen Baukosten immer seltener eine Option ist, sollte dies klar sein: Wer die Wohneigentumsbildung voranbringen will, kommt vorerst an einer Förderung des Bestandserwerbs nicht vorbei – sollte langfristig aber verstärkt auf die Anreizwirkung der Sparförderung setzen. Luft nach oben ist hier allemal, beispielsweise über einen Inflationsausgleich nicht nur bei den Einkommensgrenzen, sondern auch bei der Förderhöhe. Eine Sparförderung braucht gar nicht üppig auszufallen, weil ihre Funktion darin besteht, eine Initialzündung zu geben, und nicht darin, die eigene Sparleistung zu ersetzen. Aber die Förderbeträge sollten zumindest über der Wahrnehmbarkeitsschwelle liegen. Lösungen sollten zudem bei der Grunderwerbsteuer gefunden werden. Denn hier schlummert substanzielles Entlastungspotenzial für Selbstnutzer. Ob es eine Reduzierung, ein gänzlicher Verzicht oder ein Freibetrag beim Ersterwerb von selbst genutztem Wohneigentum wird – wichtig ist vor allem, dass die Länder die Flexibilisierungsmöglichkeiten nutzen, die der Bund ihnen unbedingt eröffnen sollte.
18 JAHRESBERICHT 2023 IV. Bausparen und Finanzieren 1. Neugeschäft Die wiederentdeckte Attraktivität des Bausparvertrags prägte auch das Geschäftsjahr 2023 der Landesbausparkassen: Insgesamt wurden 503.000 neue Bausparverträge mit einem Volumen von 32,4 Milliarden Euro abgeschlossen. Die Zahl der Verträge wuchs damit um 4,3 Prozent, die Bausparsumme ging um 1,5 Prozent zurück. Seit dem sprunghaften Anstieg der Kapitalmarktzinsen Anfang 2022 wird das Bausparen in der Bevölkerung wieder verstärkt als Produkt wahrgenommen, das für sichere Eigenkapitalbildung gepaart mit dem Anspruch auf ein niedrig verzinsliches Darlehen steht. In einem für Bau- und Kaufwillige weiterhin schwierigen Umfeld aus stark gestiegenen Zinsen und hohen Baupreisen haben die Landesbausparkassen zudem einen wertvollen Beitrag zur Stabilisierung der Wohnungsbaufinanzierung leisten können. Insgesamt flossen Bausparmittel in Höhe von 11,9 Milliarden Euro in den Wohnungsmarkt. Damit konnte die LBS-Gruppe das hohe Niveau des Vorjahres noch einmal um 17,2 Prozent übertreffen. Der Bestand an Baudarlehen kletterte auf 39,0 Milliarden Euro; dies entspricht einem Plus von 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit diesem Geschäftsergebnis stärkt die Gruppe der Landesbausparkassen ihre führende Marktposition. Ihr Marktanteil beträgt 33,2 Prozent bezogen auf die Zahl der im Jahr 2023 neu abgeschlossenen Verträge und 32,8 Prozent bezogen auf die Bausparsumme. Beim Vertragsbestand erreichte der Marktanteil 35,7 Prozent (Anzahl Verträge) bzw. 33,7 Prozent (Bausparsumme). Im Wohn-Riester-Geschäft liegt der Marktanteil der Landesbausparkassen bei 44,8 Prozent, das entspricht rund 709.000 Verträgen über eine Bausparsumme von 32,7 Milliarden Euro (minus 6,7 Prozent). Zwei Jahre nach dem Zinsanstieg, der dem Bausparvertrag eine Sonderkonjunktur bescherte, ist mit einer Normalisierung des Geschäfts zu rechnen. Trotz des fast halbierten Baufinanzierungsmarkts behaupten sich die Landesbausparkassen gut, da die Nachfrage nach zinsgünstigen Bauspardarlehen weiterhin sehr hoch ist. Das Finanzierungsgeschäft profitiert vom steigenden Kapitalbedarf für energetische Modernisierungen. Zusätzliche Impulse erhält der Bausparvertrag durch die verbesserte Wohnungsbauprämie seit 2021 und die ab 2024 verdoppelten Einkommensgrenzen bei der Arbeitnehmer-Sparzulage. Verträge in Millionen Bausparsumme in Milliarden Euro Neuabschlüsse bei den Landesbausparkassen
19 IV. Bausparen und Finanzieren Insgesamt führten die Landesbausparkassen für ihre knapp 7 Millionen Kunden am Jahresende 2023 rund 7,8 Millionen Bausparverträge (minus 3,1 Prozent) über eine Bausparsumme von 324,2 Milliarden Euro (plus 3,5 Prozent). Die addierte Bilanzsumme der LBS-Gruppe stieg im vergangenen Jahr auf die Rekordsumme von 76,4 Milliarden Euro (plus 0,3 Prozent) Der überwiegende Teil des Vertragsbestandes entfällt auf die in der Ansparphase befindlichen – noch nicht zugeteilten – Verträge. Hier verzeichnete die LBS-Gruppe im Jahr 2023 einen Vertragsbestand von rund 7,4 Millionen Verträge (minus 4,0 Prozent), deren Bausparsumme mit 306 Milliarden Euro um 2,1 Prozent über dem Vorjahreswert lag und einen neuen Höchststand in der Geschichte der LBS-Gruppe markiert. Dies stellt ein weiter wachsendes Potenzial für die künftige Wohnungsbaufinanzierung dar. 2. Vertragsbestand 3. Kundenstruktur Verträge in Millionen Bausparsumme in Milliarden Euro Vertragsbestand der Landesbausparkassen Der Blick auf die Kundenstruktur macht deutlich, dass gerade die junge Generation unverändert an gutem Wohnen – nach Möglichkeit in eigenen vier Wänden – Interesse zeigt. Auch Befragungen bestätigen immer wieder, dass für sie genauso wie für ihre Elterngeneration die schuldenfreie Immobilie eine hochattraktive Altersvorsorge darstellt. Das gesamte Bausparneugeschäft – das auch Folgeverträge sowie Erhöhungen vorhandener Bausparverträge erfasst – verteilt sich im Jahr 2023 sehr breit auf alle Altersgruppen. Nach wie vor beträgt der Anteil junger Bausparer bis 30 Jahre an den Erstverträgen rund 26 Prozent. Ein deutliches Signal dafür, dass die jungen Menschen frühzeitig mit dem Aufbau eines Vermögens beginnen und dabei die eigenen vier Wände im Blick haben. Die Immobilienbesitzer über 50 Jahre sorgen häufig mit Hilfe des Bausparvertrages vor, um ihre Immobilie auf den energetisch neuesten Stand bringen zu können.
20 JAHRESBERICHT 2023 V. Regulatorik Europäische Umsetzung des finalen Basel-III-Pakets Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht veröffentlichte im Dezember 2017 nach langen und kontrovers geführten Verhandlungen seine finale Überarbeitung der Basel-IIIRegelungen (auch „Basel IV“ genannt). Die primär für die international tätigen Banken entwickelten Regelungen gelten bei einer undifferenzierten Umsetzung in europäisches Recht gleichermaßen auch für die Landesbausparkassen mit ihrem risikoarmen Geschäftsmodell. Damit ist die Gefahr einer unverhältnismäßig starken regulatorischen Belastung verbunden. Die Landesbausparkassen erachten es daher als eine Kernaufgabe der europäischen Gesetzgeber, die finalen Basel-III-Regelungen unter Beachtung der unterschiedlichen Geschäftsmodelle europäischer Institute umzusetzen. Wie wichtig eine europäische Umsetzung mit Augenmaß ist, zeigen auch die Ergebnisse des sogenannten Basel-IIIMonitorings: Zum Stichtag 31. Dezember 2022 führen die Baseler Vorgaben zu einem durchschnittlichen Anstieg der Mindestkapitalanforderungen in Höhe von 13,5 Prozent. Am 27. Oktober 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Legislativvorschläge zur Umsetzung von „Basel IV“ in europäisches Recht. In der Gesamtschau orientierte sich die Kommission, wie erwartet, leider eng an den Baseler Vorschlägen und differenzierte nicht nach Geschäftsmodellen. Darum haben sich die Landesbausparkassen über die Europäische Bausparkassenvereinigung an den Konsultationen der Europäischen Kommission beteiligt und zu verschiedenen Regelungen von „Basel IV“ Stellung genommen. Auch in den darauffolgenden Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Rat der Europäischen Union und Europäischem Parlament warben sie über die Europäische Bausparkassenvereinigung für geschäftsmodelladäquate Regelungen. Hierbei standen die für die Landesbausparkassen besonders relevanten Regelungen zu Wohnimmobilienfinanzierungen im Fokus. Nach Abschluss der Trilog-Verhandlungen kann zumindest positiv festgehalten werden, dass der KreditsplittingAnsatz, bei dem grundpfandrechtlich besicherte Finanzierungen in einen besicherten und einen unbesicherten Teil aufgeteilt werden, bei Erfüllung einiger Voraussetzungen weiter angewandt werden kann. Der besicherte Teil der Forderung darf bis zu 55 Prozent des Immobilienwerts mit einem Risikogewicht von 20 Prozent versehen werden. Für den darüber hinaus gehenden Teil der Forderung wird eine Nicht-Besicherung fingiert. Außerhalb der Voraussetzungen für den Kreditsplitting-Ansatz werden die Wohnimmobilienfinanzierungen anhand ihres Verhältnisses „Risikoposition zum Immobilienwert“ (Exposure To Value, ETV) einer Risikogewichtsklasse zugeordnet. Hierbei reichen die Risikogewichte von 30 Prozent (bei ETV bis 50 Prozent) bis 105 Prozent (bei ETV über 100 Prozent). Auf Grundlage des aus dem Trilog resultierenden Kompromisstextes soll die europäische Umsetzung der finalen Basel-III-Regelungen im Wesentlichen ab dem 1. Januar 2025 gelten. Europäisches Einlagensicherungssystem (EDIS) Der Rat der Europäischen Union beschloss 2012 eine Vertiefung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion durch eine Bankenunion, die auf drei Säulen basieren sollte: eine einheitliche Aufsicht auf Grundlage eines einheitlichen Regelwerks, ein einheitlicher Abwicklungsrahmen sowie ein gemeinsames, europäisches Einlagensicherungssystem (EDIS). Im Hinblick auf die dritte Säule veröffentlichte die Europäische Kommission 2015 ihren Vorschlag für EDIS. Der Vorschlag sah eine Vergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme vor. Allerdings konnte er aufgrund fehlender Mehrheiten bis heute nicht umgesetzt werden. Als Teil des institutsbezogenen Sicherungssystems der Sparkassen-Finanzgruppe sehen die Landesbausparkassen eine EDIS-Einführung kritisch. Es ist zu befürchten, dass EDIS falsche Anreize schafft. Institute könnten sich entscheiden, höhere Risiken einzugehen, im Wissen, dass diese im Verlustfall auf die europäische Gemeinschaft ausgelagert werden. Nachdem in der Vergangenheit bereits verschiedene alternative EDIS-Modelle politisch diskutiert wurden, hat jüngst
21 V. Regulatorik der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments einen neuen Vorschlag in die Diskussion eingebracht. Er sieht vor, EDIS in zwei Schritten einzuführen. Im ersten Schritt (EDIS I) soll mit einem europäischen Einlagensicherungsfonds (DIF) eine Liquiditätshilfe etabliert werden. Der DIF käme zum Einsatz, sobald nationale Einlagensicherungssysteme ihre Mittel aufgebraucht hätten. Die Liquiditätshilfen aus dem DIF müssten durch die nationalen Einlagensicherungssysteme zurückgezahlt werden, sodass in EDIS I eine Verlustübernahme ausgeschlossen wäre. Kreditinstitute müssten den DIF innerhalb von drei Jahren vollständig ansparen. Die Zielausstattung des DIF soll 0,4 Prozent der vorhandenen gedeckten Einlagen betragen. Sollten die Mittel des DIF im akuten Fall einer Liquiditätshilfe nicht ausreichen, müssten die Kreditinstitute Zusatzbeiträge leisten. Kreditinstitute wie die Landesbausparkassen, die einem institutsbezogenen Sicherungssystem angehören, sollen in EDIS I nicht ausgenommen werden. In einem zweiten Schritt, nach Etablierung der Liquiditätshilfe, soll vom EU-Gesetzgeber „regelmäßig“ geprüft werden, ob „eine Ausweitung von EDIS I von einer Liquiditätshilfe zu einem Vollversicherungssystem mit Verlustdeckung angemessen“ erscheint (EDIS II). Im Rahmen von EDIS II könne geprüft werden, ob für Kreditinstitute eines institutsbezogenen Sicherungssystems ein „eigenes europäisches Einlagensicherungssystem“ etabliert werden sollte. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments hat den erarbeiteten Gesetzgebungsvorschlag schlussendlich Mitte April 2024 mehrheitlich angenommen – gegen die Stimme Deutschlands. Allerdings wurde bislang kein Mandat für Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, Europäischer Kommission und Rat der Europäischen Union erteilt. Dem allgemeinen Verständnis nach wird das 2024 neu gewählte Europäische Parlament entscheiden, ob es den erarbeiteten Gesetzgebungsvorschlag aufgreifen und Trilog-Verhandlungen aufnehmen will. Die Landesbausparkassen werden sich zusammen mit anderen Verbänden auch zukünftig dafür einsetzen, dass das bewährte System eines institutsbezogenen Sicherungssystems erhalten bleibt und nicht durch eine EDIS-Einführung gefährdet wird. Überarbeitung des Rahmenwerks zum Krisenmanagement von Banken und der Änderung der Einlagensicherungsrichtlinie (CMDI-Review) Die Europäische Kommission veröffentlichte am 18. April 2023 ihre Legislativvorschläge zur Überarbeitung des Rahmenwerks zum Krisenmanagement von Banken und der Änderung der Einlagensicherungsrichtlinie (CMDIReview). Mit dem CMDI-Review werden weitreichende Änderungen der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Instituten (BRRD), der Verordnung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRMR) und der Einlagensicherungsrichtlinie (DGSD) angestrebt. Den Landesbausparkassen als regional operierende Institute, die zudem Teil eines institutsbezogenen Sicherungssystems sind, droht durch die Legislativvorschläge eine doppelte Schlechterstellung. Zum einen werden institutsbezogene Sicherungssysteme, die seit Jahrzehnten zur Finanzstabilität beitragen, in ihrem Wirken und in ihren Kompetenzen beschnitten, zum anderen kommen auf die Landesbausparkassen aufwendige neue aufsichtsrechtliche Vorgaben zu, die vormals nur für systemrelevante Institute gedacht waren. Die vorgesehenen Änderungen in der Einlagensicherungsrichtlinie sehen beispielsweise zahlreiche neue und restriktive Voraussetzungen für das Ergreifen von institutssichernden Maßnahmen durch Institutssicherungssysteme vor. Eine solche restriktive Handhabung kann im Ernstfall dazu führen, dass institutssichernde Maßnahmen gar nicht erst ergriffen werden dürfen, da das betroffene Institut von der europäischen Abwicklungsbehörde zu frühzeitig als Abwicklungsfall eingestuft wurde. Es steht allerdings nicht im Interesse von Kunden, dass ihre Kreditinstitute abgewickelt werden, obwohl deren Fortführungstätigkeit durch institutssichernde Maßnahmen gezielt gewährleistet werden kann, was Institutssicherungssysteme seit Jahrzehnten beweisen. Wurde die Abwicklungslösung einst als Lösung für die internationalen Großbanken konzipiert, soll sie nach den Vorstel-
RkJQdWJsaXNoZXIy MTM5Mjg=