Jahresbericht 2015

21 IV. Rechtliche Rahmenbedingungen Für neu abgeschlossene Immobiliar-Verbraucherdarle- hen sieht das Gesetz eine Abkehr von der bisherigen Konzeption des Widerrufsrechts für Verbraucherdarle- hen vor. Während zuvor die Widerrufsfrist nur zu laufen begann, wenn der Darlehensgeber den Darlehensneh- mer über alle vertraglichen Pflichtangaben informiert hatte mit der Folge, dass bei fehlenden Angaben ein „ewiges Widerrufsrecht“ entstand, wird zukünftig allein auf die Erteilung einer ordnungsgemäßen vertraglichen Widerrufsinformation abgestellt. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird das Widerrufsrecht zudem auf maximal ein Jahr und vierzehn Tage nach Vertrags- schluss befristet, so dass auch im Falle einer fehlerhaften Widerrufsinformation kein unbefristetes Widerrufsrecht mehr droht. Neu ist ferner, dass die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprü- fung – anders als bisher – nicht nur aufsichtsrechtlich in § 18 a KWG, sondern auch zivilrechtlich ausgestaltet wird (neue §§ 505 a bis 505 d BGB). Dem liegt die Vor- stellung des Gesetzgebers zugrunde, dass die Kreditwür- digkeitsprüfung nicht mehr als primär im öffentlichen Interesse liegende Pflicht, sondern gleichzeitig dazu auch als Schutzpflicht gegenüber dem Verbraucher zu verstehen ist. Diese Neuregelung dürfte nicht nur zu einer erheblichen Mehrbelastung aller Kreditinstitute insbesondere durch erweiterte Dokumentationsanfor- derungen führen, um durch den Nachweis einer ord- nungsgemäßen Kreditwürdigkeitsprüfung etwaige ver- tragliche Schadenersatzansprüche der Kunden bei fehl- geschlagenen Finanzierungen abwehren zu können. Auch ist zu befürchten, dass die Darlehensvergabe insge- samt zu restriktiv erfolgt. Grundsätzlich gilt für Immobiliar-Verbraucherdarlehens- verträge künftig ein sogenanntes „Koppelungsverbot“, d. h., der Darlehensgeber darf den Vertragsabschluss nicht davon abhängig machen, dass der Darlehensneh- mer oder ein Dritter weitere Finanzprodukte oder -dienst- leistungen erwirbt. Positiv zu bewerten ist, dass Bauspar- verträge sowie Vor- und Zwischenfinanzierungen aus- drücklich nicht als „gekoppelte Produkte“ gelten, da sie unter eine Ausnahmeregelung nach § 492 b BGB fallen. Gleiches gilt für Riester-Verträge. Auch die Verpflichtung des Darlehensnehmers zum Abschluss einer einschlägi- gen Versicherung für das finanzierte Objekt durch den Darlehensgeber gilt nicht als Verstoß gegen das „Koppe- lungsverbot“. Der neue § 503 BGB bestimmt, dass Darlehensnehmer, die einen Kreditvertrag in einer anderenWährung als der ihres Wohnsitzstaates abgeschlossen haben, bei einer Wechselkursänderung von mehr als 20 Prozent gegen- über dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Umwand- lung ihres Darlehens in die Landeswährung ihres Wohn- sitzstaates verlangen können. Probleme für die Bauspar- kassen könnte dies insbesondere bei Kunden ergeben, die außerhalb des Eurogebietes wohnen und einen Kre- ditvertrag in Euro abgeschlossen haben. Hier müssen entsprechende Vorkehrungen in den Kreditverträgen und -prozessen getroffen werden. Die Erteilung individueller Empfehlungen zumAbschluss eines oder mehrerer Geschäfte werden nunmehr in § 511 Abs. 1 BGB als „Beratungsleistung“ definiert, vor deren Erbringung sich der Darlehensgeber über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie über die Präferenzen und Ziele des Darlehensnehmers zu informieren hat, soweit dies für eine passende Emp- fehlung erforderlich ist. Auf der Basis dieser Prüfung sind dem Darlehensnehmer eines oder mehrere geeig- nete Produkte zu empfehlen oder der Hinweis zu geben, dass kein Produkt empfohlen werden kann. Von der Einführung einer Beratungspflicht hat der Gesetzgeber zwar abgesehen, doch ist damit zu rechnen, dass künf- tig auch jedes einfache Vermittlungsgeschäft, bei dem eine bloße Erläuterung des Produkts erfolgt, von der Rechtsprechung als „Beratung im Rechtssinne“ angese- hen wird. Die Regelungen der Preisangabenverordnung zur Effek- tivzinsangabe wurden dahingehend modifiziert, dass nunmehr ausdrücklich für vor- und zwischenfinanzierte Bauspardarlehen die Angabe eines Gesamteffektivzins- satzes verpflichtend ist. Darüber hinaus ist die Werbung mit Effektivzinssätzen durch die Vorgabe umfangreicher Informationspflichten beschränkt, die insbesondere im Bereich der TV- und Radiowerbung zu erheblichen Beein- trächtigungen führen werden.

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