Jahresbericht 2018

29 IV Rechtliche Rahmenbedingungen Kollektiver Rechtsschutz Im Zuge ihres sogenannten „New Deal für Verbraucher“ hat die EU-Kommission im April 2018 auch einen Vorschlag für eine Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollek­ tivinteressen der Verbraucher vorgelegt. Dieser sieht vor, dass in einem EU-Mitgliedstaat klagebefugte qualifizierte Einrich­ tungen, d. h. insbesondere Verbraucherorganisationen, das Recht erhalten, bei der Verletzung von Verbraucherrechten in allen EU-Mitgliedstaaten Verbandsklagen zu erheben. Dies kann im Wege von Unterlassungs- oder Leistungsklagen, in komplexen Fällen auch durch Feststellungsklagen gesche­ hen. Die Leistungsklagen können auf Schadenersatz, Ver­ tragsaufhebung oder auf die Beseitigung fortbestehender Folgen der Rechtsverletzung gerichtet sein (Folgenbeseiti­ gungsanspruch). Im Falle von Schadenersatzklagen und von Folgenbeseitigungsansprüchen sieht der Richtlinienvor­ schlag vor, dass die klagebefugten Organisationen auch ohne ein Mandat der betroffenen Verbraucher klagen können. Die Bausparkassenverbände haben sowohl gegenüber dem Europäischen Parlament (EP) als auch gegenüber dem Bun­ desministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zu dem Richtlinienvorschlag Stellung genommen und unter anderem gefordert, den Anwendungsbereich auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen grenzüber­ schreitende Verstöße zu beschränken. Zur Vermeidung einer „Klageindustrie“ sollten darüber hinaus insbesondere die Anforderungen an die Klagebefugnis qualifizierter Ein­ richtungen erhöht und keine Klagen ohne Mandat betrof­ fener Verbraucher möglich sein (Opt-in-Prinzip). Das EP-Plenum hat am 26. März 2019 den Bericht des EP- Rechtsausschusses (JURI) angenommen, der – entgegen dem ursprünglichen Vorschlag des Berichterstatters – gegenüber dem Kommissionsvorschlag nur geringfügig erhöhte Anforderungen an die Klagebefugnis qualifizierter Einrichtungen vorsieht und das Erfordernis eines Mandats der betroffenen Verbraucher in das Ermessen der Mitglied­ staaten stellt. Obwohl der EU-Ministerrat seine Beratun­ gen zu dem Dossier noch nicht abgeschlossen hat, ist des­ halb in naher Zukunft mit einer wesentlichen Verschärfung des Verbandsklagerechts zu rechnen. Hinzu kommt, dass der BGH – in Abkehr von seiner bisheri­ gen Rechtsprechung – mit Urteil vom 14. Dezember 2017 einen auf Information der betroffenen Kunden und gegebe­ nenfalls auf Rückerstattung zu Unrecht belasteter Gebüh­ ren gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG abgeleitet hat. Problematisch hieran ist insbesondere, dass dieser Folgenbeseitigungsanspruch unabhängig davon bestehen soll, ob den betroffenen Unternehmen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Verwendung einer für unzulässig erklärten Klausel vorzuwerfen ist. Um zu vermeiden, dass eine jahrzehntelange, nicht beanstandete Praxis der Gebührenerhebung mittels ABB-Regelungen (All­ gemeine Bausparbedingungen), die zum Teil sogar aufsicht­ lich vorgegeben wurden, für rechtswidrig erklärt werden könnte, haben die Bausparkassenverbände gegenüber dem BMJV dafür plädiert, im Rahmen des laufenden Gesetzge­ bungsverfahrens für ein Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eine Klarstellung zu § 8 Abs. 1 UWG dahinge­ hend aufzunehmen, dass die Vorschrift keinen verschulden­ sunabhängigen Folgenbeseitigungsanspruch umfasst. Aktuelle Rechtsverfahren bei Bausparkassen Im Berichtsjahr waren insbesondere folgende, für die gesamte Bausparbranche bedeutsame Themen Gegen­ stand gerichtlicher Auseinandersetzungen: 1. Berechnung von Kontoentgelten in der Sparphase: Eine private Bausparkasse und eine Landesbausparkasse, die zum 1. Januar 2017 bzw. zum 1. Januar 2018 nachträglich für die Sparphase bestehender Verträge eine Servicepau­ schale bzw. ein Kontoentgelt eingeführt hatten, sind in Verbandsklageverfahren auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. In beiden Fällen sind die Institute in erster Instanz dazu verurteilt worden, die Verwendung der hierzu in die Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) eingefügten Entgeltklauseln zu unterlassen. Begründet haben dies das Landgericht Hannover bzw. das Landge­ richt Koblenz im Wesentlichen damit, dass die Bauspar­ kassen mit solchen Entgelten unzulässigerweise Kosten für Tätigkeiten auf die Bausparer abwälzten, zu deren Erbringung sie gesetzlich verpflichtet seien. So stellt nach Ansicht der Gerichte die Berechnung von Entgelten für

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