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ACHEN

03/17

AACHENER DOM

Der Louvre

der Domschätze

Nach fünf Wochen Umbauphase eröffnet die Aachener Schatzkammer am 4. März neu und barrierefrei.

Ein erster Meilenstein für die Leiterin Dr. Birgitta Falk, die erhalten und gestalten möchte.

D

er Aachener Dom wäre ohne Schatz nicht vollständig. Er ist

die Seele des Bauwerks“, hebt Dr. Birgitta Falk die

Bedeutung dessen hervor, was sie als „Louvre der Dom-

schätze und den bedeutendsten Kirchenschatz nördlich

der Alpen“ bezeichnet. Die Aachener Domschatzkam-

mer, die am ersten Märzwochenende mit buntem

Programm nach fünfwöchigem Umbau zur Barrierefrei-

heit wieder eröffnet, ist für die 55-Jährige weitaus mehr

als eine museale Ergänzung zum Münster. Im vorigen

November trat sie die Nachfolge von Georg Minkenberg

an. Eine Stelle mehr in Aachen, die von einer kompetenten,

engagierten Frau geleitet wird. Passend zum Weltfrauen-

tag am Mittwoch, 8. März, stellt B

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inter-

essante Damen in dieser Ausgabe vor. Mit der

Schatzkammer-Leiterin sprach Redakteurin

Maria Pakura.

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: Sie kennen Dom und Schatz-

kammer noch bestens aus Ihrer Studienzeit

an der RWTH, als Sie als Domführerin jobb-

ten. 1983 leiteten Sie erstmals selbst einen

Rundgang. Der Wechsel nach Aachen ist

also ein Heimkommen.

Dr. Birgitta Falk:

In der Tat. Mich hätte keine andere Stelle der Welt

aus Essen weglocken können, es war ein Sprung von einer der

bedeutendsten Domschatzkammern Deutschlands zur absoluten

Nummer eins. Ein weinendes Auge hatte ich beim Gehen dennoch,

ich fühlte mich in Essen sehr wohl, auch mit Blick auf die dank des

Frauenstifts weiblich dominierte Geschichte.

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: Dann haben Sie ja den direkten Vergleich – was ist

an der Aachener Domschatzkammer einzigartig?

Falk:

Keine ist wie die andere, das vorweg. Besonders in Aachen ist

aber, dass der Schatz über 1200 Jahre gewachsen ist und ohne

Lücke aus jedem Jahrhundert die besten Kunstwerke beherbergt.

Außergewöhnlich ist auch, dass die Menschen hier einen starken

Bezug zu den Exponaten haben, volkstümlich viel über Historie

und Legenden wissen. Ich persönlich würde sagen, dass den

hiesigen Domschatz eine außergewöhnliche Aura umgibt.

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: Das klingt emotional. Was aber ist aus

wissenschaftlicher Sicht interessant an sakraler Kunst?

Falk:

Ich bin ja sowohl Wissenschaftlerin als auch Katho-

likin, daher schaue ich durchaus aus zwei Perspektiven

auf die Kunstwerke. Aus kirchlicher Sicht weiß man um

die multidimensionale Funktionalität, die überschneidet

sich zudem teils mit den Fragen, die sich aus kunsthisto-

rischer Sicht stellen. In der Regel gibt es einen Auftrag-

geber, der Beweggründe hatte, sein Seelenheil

retten oder für etwas Buße tun wollte. Er hat

sich an den Erschaffer gewendet, einen Maler

oder Goldschmied. Dann wiederum wurde

das Stück in bestimmter Weise präsentiert

oder benutzt. All das kommt bei der

Qualitätseinschätzung und Einordnung der

Bedeutung zusammen: sehr komplex und

sehr interessant!

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: Lohnt ein Besuch auch für nichtgläubige Menschen?

Falk:

Religion ist wesentlicher Bestandteil der Identität und Kultur

einer Gesellschaft. Und Aachen ist eine der Wiegen der europäischen

Kultur und Geschichte – deshalb muss jeder nach Aachen kommen,

der diese Kultur kennenlernen möchte.

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: Ihr Arbeitsgebiet im Dom geht demnach über den

eigentlichen Schatz hinaus?

Falk:

Das Team der Domschatzkammer ist für alle im Dom befind-

lichen beweglichen Werke verantwortlich. Konservatorisch-restaura-

torische Aspekte sind ein wichtiger Teil der Arbeit. Zu bestimmten

Anlässen bin ich sogar dafür zuständig, das Gnadenbild von Maria

mit Kind anzukleiden. Zum ersten Mal durfte ich das vor dem Karls-

fest tun. Ergreifend und eine riesige Ehre!

Foto: Pit Siebigs