BAD AACHEN 06-2018

6 | B AD A ACHEN 06/18 KULTUR Jung, wild und frei! Hippie, Punk, Skater und Rocker hatten eins gemein: Sie alle suchten nach Wegen, um aus der spießigen und einengenden Kultur der Eltern auszubrechen. Wie das in Aachen aussah, zeigt jetzt das Centre Charlemagne. Von Iris Nadenau D ie Jugend von heute... Wer kennt sie nicht, diese leicht miss- billigende Aussage der Elterngeneration über das Verhalten der Jungen? Schon Sokrates soll geklagt haben: „Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbei- ten sollte.“ Ob es die schrägen Frisuren waren, die außergewöhn- liche Kleidung, die laute Musik oder die innere Einstellung – Jugend- kulturen waren schon immer eine Provokation für den Rest der Gesellschaft. Dabei wurde vieles, was aus Rebellion heraus entstand, früher oder später zum kulturellen Mainstream und wird nicht selten mit der Phrase Früher war alles besser idealisiert. Diesem Phänomen widmet sich eine groß angelegte Ausstellung im Centre Charlemagne unter dem Titel Uns gehört die Stadt! Kids, Kunst und Krawall in Aachen , die von der Kulturstiftung des Bundes großzügig gefördert wird. Sie bildet somit eine perfekte Ergänzung zum 68er-Thema, das aktu- ell im Ludwig Forum und im Internationalen Zeitungsmuseum (IZM) im Fokus steht. „Wir wollen den ganzen Sommer in das Zeichen der Jugend stellen“, freut sich Myriam Kroll, Kura- torin der Schau, und hofft, gleichzeitig mit dem Thema besonders auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene begeistern zu können. Wandervögel und Halbstarke Spannend ist die Ausstellung aber für Jung und Alt. Sie bietet einen Überblick über die Ent- wicklung der Jugendkultur in Aachen im Wan- del der Zeit: begonnen bei den Wandervögeln . Als eine der ersten Bewegungen schlägt sie einen Bogen über die Hitlerjugend und die Pfadfinder bis zu Halbstarken, Hippies, Mods, Punks, Rockern, Skinheads und Hip-Hoppern . Ermöglicht wird das Projekt mithilfe der Aachener Bevölkerung, die dazu aufgerufen war, Erinnerungsstücke und Raritäten sowie Zeitzeugenberichte zu der Ausstellung beizusteuern. Herausgekommen ist eine bunte Vielfalt an Fotos, Filmen, Interviews, Zeitschriften und Originalobjekten wie typische Kleidungsstücke, Accessoires, Tonträger, Plakate und Hand- zettel. Alle mit Aachen-Bezug natürlich! Da ist zum Beispiel der klassische Mod-Parka mit einem Aufnäher der Stadt Aachen oder ein Fotoalbum der Katholischen Jugend zur Nazizeit. Ebenso begeistern spannende Zeitzeugenberichte, die Besucher sich entweder anschauen oder anhören können. In Szene gesetzt wird das Ganze in einer grauen, betonartigen Welt, die an eine Straßensituation erinnern soll. Schließlich haben viele der Trends, wenngleich auch nicht alle, ihren Ursprung auf der Straße. „Ganz schön schräg” Apropos Straße: Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden die Unterbereiche Hip-Hop und Street-Art . Das gesamte Foyer des Centre Charlemagne wird von Street-Art -Künst- lern gestaltet. „Alle gängigen Techniken, die in der Stadt zu finden sind, sollen hier vertreten sein“, kündigt Robert Kaltenhäuser an, der als Kurator für diesen Teil der Ausstel- lung verantwortlich ist. Im Detail heißt das: Graffiti, Stencils, Murals und Paste-ups – für viele Besucher mit Sicherheit noch Neuland. Überhaupt sei die Jugendkultur-Schau „für ein Stadtmuseum ein eher schräges Projekt“, Tanz dich frei: Mancher avancierte sogar zum Oberbürgermeister… Foto: Sepp Linckens Street-Art: Graffitikunst schmückt die Stadt. Foto: José Herbella Hippie-Festival: Soers 1970. Zeichnung: Alex Elsen

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