BAD AACHEN 05-2024

4 | BAD AACHEN 05/24 KARLSPREIS 2024 „Nie wieder ist jetzt“ ist heute! Der Internationale Karlspreis 2024 geht an Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt sowie die jüdischen Gemeinschaften in Europa und setzt damit ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus. Caroline Fister-Hartmann schaut auf einen Mann des Dialogs und ein Aachener Fest des Friedens. ergreife man Partei für das jüdische Leben und wolle nicht nur ein symbolischer Akt sein, sondern sagen: „Wir sind an eurer Seite! Und ihr seid Teil von unserem Alltag!“ Doch wer ist dieser Mann, dessen Namen die meisten von uns bis dato wohl nie gehört haben? Pinchas Goldschmidt wurde 1963 in einer jüdisch-orthodoxen Familie in Zürich geboren. Er studierte rabbinische Studien im israelischen Bnei Berak, in Chicago, Baltimore und Jerusalem. 1989 siedelte er in die damalige Sowjetunion über und wurde 1993 zum Oberrabbiner von Moskau gewählt. Er verließ Russland 2022 wegen des Angriffs auf die Ukraine, nachdem er sich dem Druck, den Krieg zu unterstützen, widersetzt und die in Russland lebenden Juden zur Flucht aus dem Land aufgerufen hatte. Bereits im Juli 2011 war Goldschmidt zum Präsidenten der Konferenz der Europäischen Rabbiner gewählt worden. Hier vertritt er 800 aktive Rabbiner und setzt sich für die Rechte der Juden, für Religionsfreiheit und für einen interreligiösen Dialog in Europa ein. Goldschmidt und seine Frau Dara haben sieben Kinder. Die Familie lebt in Jerusalem und – seitdem die Konferenz europäischer Rabbiner im September 2023 ihren Hauptsitz von London nach München verlegt hat – zeitweise in der bayrischen Landeshauptstadt. Begegnungen mit Pinchas Goldschmidt beeindrucken und so bezeichnet ihn Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen als „einen Menschen, der mitreißt“. Goldschmidt selbst fühlt sich ob der Antragung aus Aachen „stellvertretend für die jüdische Gemeinde in Europa sehr dankbar und geehrt. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Antisemitismus in einem besonders schlimmen Ausmaß grassiert und jüdisches Leben in Europa offen zur Frage gestellt wird, ist der Karlspreis eine wichtige Unterstützung“. Der Preis sei zudem ein Zeichen für Europa, wirklich „das Heute“ zu meinen, wenn man die Aussage „Nie wieder ist jetzt!“ ernst meine: „Heute müssen wir alles tun, um die europäischen Werte zu erhalten, damit jeder Mitbürger Europas sich zu Hause fühlen kann.“ Foto: Stadt Aachen/Harald Krömer 1950 BIS 2023 – KARLSPREIS IM WANDEL 2023 wurden der Präsident der Ukraine, S. E. Wolodymyr Selenskyj, und das ukrainische Volk mit dem Karlspreis ausgezeichnet. Im Abwehrkrieg gegen die russische Invasion würden europäische Werte verteidigt, argumentierte das Direktorium. Die Preisvergabe war eine Ermutigung zu Beitrittsverhandlungen mit der EU. Nachdem im Jahr zuvor drei belarussische Bürgerrechtlerinnen geehrt worden waren, setzte der 1950 ins Leben gerufene Preis damit den Weg zur aktiven politischen Stellungnahme fort. Und er geht ihn 2024 weiter... Damit bleibt der Internationale Karlspreis zu Aachen einer der bedeutendsten europäischen Preise, der immer noch, aber eben nicht mehr nur Personen und Institutionen ehrt, die sich um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Zu den 64 bisherigen Preisträgern gehören Konrad Adenauer (1954), François Mitterrand und Helmut Kohl (1988), Václav Havel (1991), der amerikanische Präsident Bill Clinton (2000), Bundeskanzlerin Angela Merkel (2008), Papst Franziskus (2016), der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (2018) und UN-Generalsekretär António Guterres (2019). 2024 – PINCHAS GOLDSCHMIDT Traurige Duplizität der Ereignisse: Auch in diesem Jahr setzt ein Krieg den Impuls für den Preisträger. Mit der Wahl von Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner (CER), bezieht das Direktorium Stellung im derzeitigen Nahostkonflikt. „Mit der Verleihung will der Karlspreis ein starkes Signal gegen den grassierenden und gefährlichen Antisemitismus setzen und gleichzeitig bekräftigen, dass jüdisches Leben selbstverständlich zu Europa gehört und hier kein Platz für Antisemitismus sein darf“, erklärt Dr. Jürgen Linden als Sprecher. In diesem Sinne

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