Jahresbericht 2016

9 I. Vermögensbildung und Bausparen oft tarifvertraglich geregelten „vermögenswirksamen Leis- tungen“ haben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Einstieg in einen kontinuierlichen Sparprozess. Wie wichtig die (für den Staat relativ preiswerten) Förderin- strumente sind, zeigen Untersuchungen zur Vermögensbil- dungsbiografie von Mietern und Eigentümern. Haushalte, die sich für Wohneigentum entscheiden, weisen demnach sowohl in der Ansparphase als auch nach Einzug in die eige- nen vier Wände eine überdurchschnittliche Sparquote auf. Durch regelmäßige Tilgungsleistungen findet beim Wohn- eigentümer ein selbst auferlegtes „Zwangssparen“ statt; entsprechend muss er – zumindest vorerst – seinen Kon- sum einschränken. Der Mieter hingegen gibt mehr für Kon- sum aus. Die Auswirkungen im Lebenszyklus sind gravie- rend: Wohneigentümer weisen im Vergleich zu Mietern (derselben Einkommenskategorie!) am Vorabend des Ruhe- standes nicht nur ein stattliches Immobilienvermögen auf, sondern auch das doppelte an Geldvermögen. Ihr Gesamt- vermögen ist fast sechsmal so hoch. Wohneigentum ist deshalb der entscheidende Schlüssel für einen erfolgrei- chen Vermögensaufbau und eine sichere Altersvorsorge. Die Bedeutung des selbstgenutztenWohneigentums für die Vermögensbildung wird auch im europäischen Vergleich deutlich, wie die jüngste Panel-Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2016, zu der insgesamt 84.000 priva- teHaushalte in 20 EU-Ländern zu ihren Finanzen (Household Finance and Consumption Survey) befragt wurden, zeigt. Die Untersuchung offenbart große Unterschiede beimmitt- leren (Median) sowie beim durchschnittlichen Nettovermö- gen in den einzelnen Ländern. Für deutsche Haushalte wurde ein sehr niedriges Median-Vermögen von 60.800 Euro errechnet. Der Median-Haushalt ist jener, der die Gesamtbevölkerung in zwei Hälften teilt: eine ärmere und eine reichere. Sein Wert wird durch hohe oder niedrige „Ausreißer“ nicht beeinflusst. Die Bundesrepublik liegt beim Median-Vermögen am unteren Rand und somit deut- lich unter dem mittleren Wert aller untersuchten europäi- schen Länder, der 104.100 Euro erreicht. Einzelne Euro-Kri- senländer stehen bezogen auf das Vermögen privater Haus- halte trotz krisenbedingten Preisrückgängen am Woh- nungsmarkt erstaunlich gut da. So verfügt beispielsweise in Zypern der Median-Haushalt über ein Nettovermögen von 170.100 Euro, in Spanien von 159.600 Euro, in Italien von 146.200 Euro und in Portugal von 71.200 Euro. Selbst das hoch verschuldete Griechenland liegt mit einem Median- vermögen von 65.100 Euro noch vor Deutschland. Beim durchschnittlichen Nettovermögen der privaten Haus- halte sieht die Lage für die Bundesrepublik etwas günstiger aus. Die Gründe für die großen Vermögensunterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind zum großen Teil auf die Verhältnisse am Immobilienmarkt zurückzuführen. Hier fällt Deutschland vor allem aus der Rolle, weil viel mehr Haushalte zur Miete wohnen als in den übrigen europäi- schen Ländern, die Wohneigentumsquoten zwischen 60 und 70 Prozent aufweisen. Anders ausgedrückt: die Vermö- gensunterschiede im Euroraum sind vor allem ein Spiegel- bild der Wohneigentumsquote des jeweiligen Landes. Deutschland bildet mit einer Wohneigentumsquote von rund 45 Prozent das Schlusslicht.

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